Es kamen wenige gestern zu unserem IT’S A DIENSTAG, als es um die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten ging. Die einen bedauerten, weil sie Termine hatten, die anderen zeigten nicht so recht Interesse. Ein religiöses Thema, wo doch die Kirchen gar nicht mehr aus den Negativschlagzeilen herauskommen? Nein Danke. Ich wusste, dass es ein besonderer Abend werden würde, schätze die ruhige kluge Erzählweise meiner Freundin und Wegbegleiterin, Dr. Katharina Wiefel-Jenner, Pfarrerstochter aus dem Osten, promovierte Theologin mit dem gebildeten neugierigen Blick auf die Welt.

Wenn wir über Ostern sprechen, wo beginnen wir? Mit dem Sündenfall von Adam und Eva, dass die Menschen nicht so geschaffen sind, wie sie sein sollten, dem ersten Bund zwischen Noah und Gott und dem Gebot, einander nicht zu töten?

Was heißt überhaupt Sünde, stellt uns Katharina die rethorische Frage, die sie darauf mit Luther beantwortet: Wenn wir in uns verkrümmt sind (incurvatus in se), wenn wir in einem Selbstbezug stecken, ohne auf die anderen zu achten, keine Nächstenliebe zeigen, dann nennt man es Sünde. Wie zeitgemäß!

Zurück geht es in die Regligionsgeschichte, die gleichzeitig eine Kulturgeschichte ist, in der sich jüdische und heidnische Feste mit christlichen verknüpfen. Sie erwähnt Jom Kippur, den Tag der großen Versöhnung, an dem der Priester im Tempel die Sünden der Pilger dem Bock aufs Haupt drückt, um ihn damit in die Wüste zu schicken, wo er stirbt, der Sündenbock.

Wir sind bei Christus und der Kreuzigung angelangt, dem Sohn Gottes, der sich unsere Sünden auflädt. Ich muss an den Genter Altar denken mit Christus als dem Lamm Gottes im Zentrum der Haupttafel.

K-Freitag ist der höchste Kirchentag der Protestanten, Ostern jener der Katholiken, in beiden stecken der Wandel, das Leiden, der Tod und die Auferstehung, Neubeginn und ewiger Kreislauf. Können wir einen Menschen retten, können wir die ganze Menschheit retten.

Wie bekommen wir die Menschen wieder in die Kirche? Wie können wir sie wieder begeistern für die Gemeinschaft im Glauben? Trennen wir zunächst Religion und Kirche, um uns wieder neu aufzustellen? Die Osterzeit wäre ein idealer Anfang.

Ruhig, beinahe leise erzählt Katharina, öffnet immer wieder neue Türen für neue Aspekte, Paulus, der schon wenige Jahrzehnte nach dem Tod Christi seinen ersten Brief schrieb, die frühen Christengemeinden, die zusammensaßen, aßen, gedachten und feierten… Sorgfältig sucht sie nach den richtigen Worten, hält inne und fährt dann weiter fort. Ich könnte ihr so ewig zuhören.

40 Tage war der Gekreuzigte unterwegs, so die symbolhafte Erzählung. Er begegnete Maria Magdalena, dem Apostel Thomas, den Jüngern von Emmaus, machte ein „Fischbarbecue“, wie unser Gast schmunzelnd formuliert, zeigte sich mit seinen Wunden und bereitete gleichzeitig vor, dass er die Erde verlassen würde. Wir feiern Himmelfahrt und zehn Tage später Pfingsten.

Ist das nicht inspirierend und kreativ, diese Geistigkeit in sich zu tragen, richtet sich Katharina an mich, nicht nur Körper sein, sondern auch Herz und Seele? Ich muss sie in den Arm nehmen, wie sie es erzählt, fühlt es sich so warm, schlicht und ehrlich an.

Ostern beginnt mit einem Verrat, oder mit gleich mehreren, und endet mit uns als reich beschenkten Menschen. Danke Dir Katharina für diesen wundervollen besinnlichen Abend. Stellen wir das Leben über den Tod!

Den nächsten IT‘S A DIENSTAG kann ich übermorgen ankündigen. Etwas ganz anderes wird es sein, was sonst. Überraschung.