Es geht mit dem Fahrrad an der Alster entlang. Es ist stürmisch, es regnet eiskalt gegen meine Strumpfhose. Home Office ist angesagt in der Fashion Welt, so die Nachricht heute morgen auf „Fashion Business Online“. Wie geht das für einen Bereich, der so sehr auf extrovertierte globale Kommunikation mit einer exklusiven Käuferschicht ausgerichtet ist? Machen wir uns nicht wild, die face-to-face Stylingberatung funktioniert, und warum nicht mal eine Weile lang das virtuelle Hugging üben, die Luftküsse kultivieren und die Briefe vom Schreibtisch an die Liebsten wieder einführen?!
Also, die Milchstrasse 11 bleibt geöffnet. Und der Graf ist in der selbstgewählten „splendid Isolation“ auf der Insel und freut sich ebenfalls auf hineingewehten Besuch by appointment (0172-411 0674). Trotzdem überlege ich, wie ich mein „home office“ möglichst hübsch gestalte. Wer sich nicht einmal mehr in den einsamen Blumenladen wagt, der pflückt die Narzissen an der Alster? Nein, keine Option, denn die sollen uns allen den Frühlingsoptimismus ins Gesicht zaubern.
Die Versorgungskette am früh Morgen hat geklappt: Tulpen, Croissants, Cappuccino und die Süddeutsche. „Welt im Fieber. Immer mehr Grenzen und Schulen werden geschlossen …“ – Monique sitzt noch fröhlich nebenan im Atelier an der aktuellen Bluse. Der neue Prototyp für das Frühjahr ist fertig: ein Kleid!!!! Wow.
Trotzdem werde ich wohl Toska überreden, aus Paris zurückzukehren. Dort haben die Unis ab Montag geschlossen und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Grenzen zumachen. Roma sitzt in Toulouse an ihrer Masterarbeit und meint von Computer, Büchern und Notizen in einem einsamen Zimmer bekommt man keinen Coronavirus. Recht hat sie.
Und dann werde ich heute von Raum zu Raum wandern und mich für Euch immer wieder neu umziehen mit eine paar Einzelteilen. Klick! Ein Snapshot von der letzten Jean de La Fontaine Bluse mit den Fabel-Kinderbuch-Illustrationen (€ 398). Klick!
Der Patch-Blazer, es gibt noch je einen in S, M, L (€ 500), eigentlich ein Must Have. Nochmal Klick! Der Blumenstrauß mit dem „Promenade Tuch“ (€ 150) sowie den T-Shirts mit „Grenzenlos denken“ (Tja, so machen es die Viren auch) € 70. Der UPS-Mann bringt es vor die Tür von Eurem „Home Office“.
Dazu gibt es einen persönlichen Brief, denn das ist seit einigen Monaten meine neue Leidenschaft: „Liebe X, Dein Teil ist soeben eingepackt und wartet auf die Abholung. Es ist ruhig hier in der Milchstrasse und das gibt mir die Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie wir uns kennengelernt haben. Ich weiß noch genau, wie Du das erste Mal hineinspaziert kamst und eigentlich gar nichts kaufen wolltest, weil Du dachtest: ‚Roma e Toska, viel zu bunt und viel zu exzentrisch‘, und nun … trägst Du es fast jeden Tag. Es hat Dich verändert und es verändert sich an Dir. Yves Saint Laurent sagte einmal: „Over the years I have learned that what is important in a dress is the woman who’s wearing it.“ Und so stelle ich mich Dich vor, wie Du in diesem Rock aussehen wirst, wenn er Dich morgen oder übermorgen erreicht … Kuss. B.“
Und dann schiebe ich das Papier in einen Umschlag, klebe ein paar schöne Stofffetzen oben drauf, notiere die Adresse, und schon gehen Mode und Gedanken auf die Reise.
Es gibt nahezu nichts, das nicht für etwas gut ist!
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