… „Der Wald muss draußen bleiben“, so der Titel der aktuellen Ausstellung der Galerie Holthoff, Fischers Allee 70 in Hamburg-Ottensen. Die Croissants unter dem Arm laufe ich vom Bahnhof rüber, Thomas und ich sind zum Frühstück verabredet. Wir zwei gehören jedoch nicht zu jenen, die sich lange mit dem Austausch von Befindlichkeiten abgeben, achtlos bleiben Kaffee und Brötchen liegen, die Bilder der Künstlerin sind wichtiger.
Ich bin beeindruckt, wie frech Friederike Just mit der Sprache alter und neuer Meister spielt. Fast bin ich versucht, sie als eine „Punkerin“ der Kunst zu bezeichnen, die virtuos mal bei Tizian fischt, mal bei Rembrandt und dann wieder bei Einzelgängern wie Edvard Munch. So scheint es mir jedenfalls.
Friederike Just, Selfie, 2019, Öl auf Leinwand, 40 x 30 cm, € 1.300
Ich bin als Kunsthistorikerin gefordert und gleichzeitig öffnet sie mir den frischen Blick auf etwas vollkommen Eigenes, eine Selbstbefragung mit nach vorne gestreckten Armen und mit dem Augenzwinkern in Richtung „Generation Selfie“. Und gleichzeitig begegne ich dem Tiefgang einer Frau, die wagt, ihre Verletzlichkeit zu zeigen.
Friederike Just, Frau (Ausschnitt), 2020, Öl auf Leinwand, 60 x 40 cm, € 1.800
Sie bedient sich der Genremalerei, wenn sie die „Metzgerin“ malt. Ich denke dabei an Vermeer und die Niederländer, nur verzichtet sie gänzliches auf Dekor, die übergroße Wurst reicht ihr und eine mit Skepsis feilgebotene Sexualität.
Friederike Just, Metzgerin, 2020, Öl auf Leinwand, 60 x 40 cm. € 1.800.
Wäre ich Sammlerin oder würde ich Sammler:innen beraten, so müsste es fast die ganze Serie sein dieser „Schwarzbilder“, wie ich sie nenne. Ich sehe sie als Reihung in einem Loft, in einer Villa, in einem Kabinett. Immer in einer beredten Spannung zwischen Kunst und Betrachter.
Thomas zeigt mir weitere Bilder. Neugierig verweile ich auf der Gestalt mit dem Faltenrock zwischen Mädchen und Frau, ein Es, das noch nicht weiß, wohin mit sich in der Welt, die als flüchtiger Raum skizziert ist. Ich habe es gern. Genauso wie „Gassi“. Die Malerei erinnert an Edvard Munch, dünn und nervös lasiert. Ob Friederike es auch draußen vor die Tür gestellt hat, damit Wind und Regen weiter daran arbeiten?
Friederike Just, Gassi, 2022, Öl auf Leinwand, 120 x 80 cm. € 3.600.
Es könnte ein heimlicher verstohlener Spaziergang sein im fahlen Licht der Straßenlaternen. Unwillkürlich beginne ich, mir meine eigenen Geschichten zu erzählen. Der Mann, ist er ein Clown, ein Sonambule, der nicht schlafen kann, angestrahlt vom Scheinwerferlicht der Autos? Mensch und Tier als Gefährten der Großstadt … der Wald ist woanders, draußengeblieben.
Die Ausstellung Friederike Just geht noch bis Ende April. Besichtung mit Terminabsprache: Thomas Holthoff, 0170 450 47 94.
Wir spenden von jedem Roma e Toska Kauf € 50,00 an das Deutsche Rote Kreuz, Stichwort „Nothilfe Ukraine“.
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