Alles kommt auf den Tisch. Alles steht zur Disposition. Alles muss neu befragt werden. Tabula Rasa für die Fashion Welt! Das hätte mich vor ein paar Wochen in dieser Konsequenz noch geängstigt, jetzt hat es eine inspirierende Normalität gefunden. Ein endlich wieder tiefgreifender Journalismus tut sein Übrigens, um ein reflektierendes „Wir“ zu schaffen.
Vor ein paar Tagen erhielt ich das Interview der italienischen VOGUE mit Maria Luisa Frisa, Kuratorin und Professorin LUAV Universität in Venedig. Was sie sagt, spricht mir aus dem Herzen und ist in vielen meiner Beiträge immer wieder angeklungen: „Fashion is the most incredible platform to unterstand the arts of our century.“ Aber nicht nur, dass die Mode die Künste versteht und sich ihrer bedient, sie ist darüber hinaus ein Spiegel unserer Zeit, unserer Gesellschaft und letztendlich auch von uns selbst.
Dabei bleibt Mode ein System, das aus sich heraus entsteht und dabei sich ständig neu erfindet. Diese Dynamik ist ihre größte Kraft und einer der wesentlichen Gründe, warum Fashion immer überleben wird. Aber (!) es gilt diese überhitzte, korrumpierte, sinnentleerte Welt der schimmernde Oberflächen und Gimmicks neu zu denken, neu zu fühlen und ihren historischen Impact zu begreifen. Vieles wird sich ändern jenseits von millionenteuren Fashion Shows und millionengefolgten Influencern. Finden wir zurück zu dem Wesentlichen: Welches sind die Werte von Mode? Wie finden Ethik und Schönheit wieder zusammen? Wie wird daraus wieder Kultur statt Konsum?
Maria Luisa Frisa ist auch hier sehr explizit: „The most relevant designers today are the ones whose practice is underlined by strong intentions and a substance point of view on modernity – the best fashion designers are actually authors.“
Ein Aufruf, der schon lange bei mir angekommen ist: Ich empfinde mich als Erzählerin von Geschichten, die eine Zeitrelevanz suchen. Mit meinen täglichen Beiträgen wechsle ich von der Designerin zur Autorin. Seit langem frage ich mich: bin ich mehr das eine oder das andere? Aber warum entscheiden und wählen, wenn sich beides einander bedingt!
Die Gedanken zur Mode fließen ein in die Mode, und das gilt ebenso für die Käuferinnen der Zukunft. Eine Bluse ist nicht einfach eine Bluse. Sie besitzt einen komplexen Inhalt ihrer Entstehung, beginnend bei den ersten Überlegungen, dem Entwurf, der technischen Umsetzung, den Stoffen und Zutaten, zu den Frauen, die sie nähen, bis zu den Inhalten der Edition… Und all das verbindet sich mit der Individualität der Trägerin. So wird daraus eine Story!
„Restart from the people we work with, building a collective project that belongs to us all.“ Schöner als mit diesen Worten von Frisa kann man die Zukunft von Mode kaum beschreiben.
Abb: Neckholder Bluse weiß (€298), Vintage Ledergürtel braun (€189), Vintage Lederjacke Yves Saint Laurent (1.200), Schuhe Taglia Scarpe (€390)
Warum gerade dieses Outfit, in das ich schnell für ein Foto geschlüpft bin? Es zeigt die neue Philosophie: Ein Mix aus aus Vintage und neu mit Lieblingsstücken von außergewöhnlichen Materialien, eine Freude am Detail (siehe Knöpfe), nachhaltig produziert in Deutschland und Frankreich. Es verkörpert meine wiederentdeckte Lust am Sich-Kleiden und unverwechselbar zu sein.
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