Anna, ich fang mal mit Dir an, und wie Deine Kreativität meine dreht und verändert. Neugierig höre ich (hören wir) Dir zu, wie Du aus Deinem Leben erzählst, geboren im Atelier zwischen Töpferscheibe und Keramik-Objekten. Deine Eltern studierten in Halle, Burg Giebichenstein. Ich denke an Bauhaus. Auf Deine besondere bescheide Art berichtest Du von Deinem Design-Studium, wie Dich die Männermode mehr interessierte als die für die Frauen, wie Du Nähte von innen nach außen gestülpt hast, um die Struktur zu zeigen …

Ostsee, Nordsee, Kite-Surfen, wo auch immer, mit diesen bunten leichten Segeln, die über das Wasser in den Himmel abheben. Es folgen Details, die ich überhöre. Ich komme aus einer ganz anderen Richtung, mich interessiert das große Ganze, gesellschaftliche Befindlichkeiten, künstlerisches Strömungen, Natur … Wie entsteht Fashion? Du näherst Dich technisch, wie bei dem Sweater, den Du für uns produziert hast, entstanden am Computer mit Daten, Struktur und Linien. Ich hatte schon berichtet.

Aber dann gibt es noch eine zweite Anna. In dem Moment, wo ich meine Ideen in die Hände anderer übergebe, die die Schnitte entwickeln, die Prototypen nähen und die Konfektion ausführen, steigst Du in den kreativen Prozess ein und legst selbst Hand an: So enstanden die Unikat-Westen aus Kite-Segeln.

Zehn Jahre hat dieses außergewöhnliche federleichte Segel bei Dir in der Ecke geschlummert, bis wir es gemeinsam vor einigen Wochen herausgezogen. Nun sind daraus 12 wattierte Modelle entstanden, jedes Unisize und Unikat, mal mit einem Teil vom Stern, mal mit ein Teil von Schrift …

Du hast den Stoff mit der Schere zerlegt, mit der Maschine neu zusammengefügt, mit Stepplinien akzentuiert. Handwerk und Intuition verbinden sich zu etwas, das so wichtig geworden ist in unsere Zeit: Die Freude am Prozess, egal wie aufwendig er ist, und wie lange er dauert. Das kreative Schaffen an nachhaltigen Einzelstücken. Du steckst als Designerin in jeder dieser Objekte mit Deiner Handschrift.

Nun treffen unsere unterschiedlichen Charaktere und Temperamente aufeinander, und es gelingt Dir und es gelingt mir, meine Kollektion in eine unerwartete Richtung zu verändern, erfrischende Brüche wieder zu integieren. Ich erinnere Toska, wie sie mir in Paris vor vielen Monaten ins Gewissen redete, und mir darüber fast die Tränen kamen. Habe ich die Kraft, mich in diesen anstrengenden Zeiten neu zu erfinden?

Ich kann es, aber es geht noch viel leichter, wenn man es in Kooperationen macht. Danke Dir und Deinem Esprit.… Und nun erlaube ich mir, vor Stolz ein wenig zu platzen, dass diese Kollektion „Muscheln fühlen“ so verblüffend jung, zeitlos und high-fashion aussehen wird.

Danke auch Dir, Carmen, für die Mitorganisation an diesem wieder einmal ungewöhnlichen Abend, der so reich an Gesprächen war, und für das unermüdliche Fotografieren.

Nächsten IT’S A DIENSTAG, am 4. Oktober 2022, ab ca. 17:30 – 20:00 Uhr, wird Gabriele Pochhammer über ihre analoge Dating Agentur berichten und wie es dazu kam. Wir freuen uns auf Sie und Euch. Voranmeldung unter: info@romaetoska.de.

Bleibt dran, morgen zeige ich Euch, wie man mit den MUSCHEL-KITE-WESTEN fliegen kann …