Seit gestern suche ich meine Höhle, brauche Schutz, möchte die Begrenzungen meines Körpers spüren, die Bluse, den Rock. Ich streiche darüber, scheine mich selbst zu umarmen, als gäbe es so den nötigen Halt für mein Ich gegen die Anfeindungen der Welt. Meine Haut atmet, die Kleidung, ich fühle und fülle den Raum, die Wohnung, das Haus. Mein Denken weitet sich aus zu meiner Straße, meinem Viertel, meiner Stadt, meinem Land bis hin zu den Grenzen unserer Erde. Das Wort „Stratosphäre“ kommt aus dem Lateinischen und heißt bezeichnender Weise „Decke“.

Neben mir sitzt Nicole Franken, Designerin, Geschäftsführerin des Frankfurter Architekturbüros Franken Generalplaner. Sie hatte das Thema vorgeschlagen: Die drei Häute. Architektur und Mode.

„Das Gewand ist jenseits der Haut die zweite Hülle, Architektur ist die dritte.“

Mit diesem Satz von Wolfgang Pehnt habe sie Architektur verstanden, beginnt sie unser Gespräch. Plötzlich war es nicht mehr etwas Abstraktes, sondern ein Gebilde, das lebt und erzählt, ohne das man „nackt“ wäre. Vielleicht haben wir uns darüber vor Jahren gefunden, denn genauso wie sie, bin ich auch die Storytellerin, nur mit anderen Mitteln.

Wo und wie fühlen wir uns wohl in unserer Haut (in unseren Häuten)? Wie wird es persönlich und ein Teil von uns? Hier beginnt die Recherche mit dem dazugehörigen Vokabular, das überraschende Übereinkünfte zeigt zwischen Architektur und Mode. Nur, dass die Architektur langlebiger sein sollte, visionär gedacht über die jetzigen Parameter von 50 Jahren hinaus. Eine Nachhaltigkeit von Generationen.

Es geht um Formen, Silhouetten, wärmende, dämmende Schichten sowie um Oberflächen, die sich einer Funktion unterordnen (form follows function), aber dort nicht stehenbleiben, sondern das große und kleine Narrativ, die Geschichte(n) suchen.

Jedes Gebäude ist eine einzigartige Neuentwicklung, genauso wie jede Kollektion. Was finde ich vor: der Ort, die Historie, Zeitgeistiges sowie kulturelle Zugehörigkeiten, weibliche und männliche Aspekte? Dann folgen der erste Entwurf, das Gerüst einer Idee, Skizze, Formgebung, Grundrisse (das Schnittbild) und (3D-)Modelle. Alle Details ordnen sich einer erzählerischen Formensprache unter. Auch das habe ich aus der Architektur-Geschichte gelernt.

Wir wollen kein Disneyland kreieren, kein mittelalterliches Fairytale, keine aus dem Boden gestampften egomanischen Utopien, neben denen die historischen Viertel vergammeln und veröden bis man sie niederreißen muss. Hierüber diskutieren wir intensiv.

Sorgsam müssen wir mit unseren Hüllen umgeben, sie studieren, entwickeln und immer wieder kritisch befragen. Es geht um Ehrlichkeit und Leidenschaft, damit aus Mode und Architektur keine abweisenden Rüstungen und menschenverachtenden Mauern werden, sondern durchlässige, kommunikative Strukturen.

Während ich diesen Abend referiere, merke ich bei vielen Formulierungen, wie sie beinahe metaphorisch klingen. Über eine Bluse schrieb ich einmal, sie wäre mein „Shelter“ (Schutzraum), so wie die Poolstrasse einer ist. Ein Ort, an dem sich alle wohlfühlen, mindestens einmal in der Woche für den IT’S A DIENSTAG. Danke Nicole, danke Euch Gästen.

Am nächsten Dienstag wird Sarah von Doetinchem alles komplett umgestalten, ein neues Innen erschaffen mit ihren Keramik-Objekten. Es gibt ein frisch arrangiertes Schaufenster mit der Hilfe von maison f., meinen Nachbarn. Ich freue mich auf Euch: 12.11.2024, ab ca. 17:30 Uhr. Voranmeldung unter: info@romaetoska.de