„Man kann nicht nicht kommunizieren“, sagte der Philosoph und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Das Zitat stellte Catrin Bartenbach, Journalistin für Mode und Lifestyle sowie Adelsexpertin, gleich an den Anfang unserer Unterhaltung. Es geht um den diplomatischen Dress-Code, eines meiner Lieblingsthemen, begegnet er mir nicht nur beinahe jeden Tag, sondern verfolgt mich seit ich denken kann: Kann ich das (noch) tragen?
Ich in Muscheln Men’s Shirt, Angela in Muschel-Rock, Schuhe Taglia Scarpe.
Gehöre ich zu einer Gruppe oder nicht? Will ich aussehen wie alle anderen, oder liebe ich es zu provozieren? Wie finde ich meinen eigenen Stil und lebe meine Individualität? Das alles drückt sich aus in der Wahl der Kleidung und der Haltung, der Art zu gehen, den Kopf zu wenden, das Lächeln im Gesicht. Alles gehört zusammen, wie wir gemeinsam schnell feststellen.
Ahorn Brosche vererbt von Queen Mum an die Queen und weiter an Kate.
Catrin beginnt ihre Erzählung bei der Queen, die ihren Dress-Code minutiös professionalisierte, unterstützt von ihren Beraterinnen. Reiste sie in eine Land, so passte sie sich den Farben der Flagge an, trug die Ahornblatt Brosche in Kanada, als Zitat des Wappens. Immer stand dahinter eine Zuwendung und ein Respekt gegenüber einer Nation und den dort lebenden Menschen. Sie kommunizierte mit Kleid, Mantel, Hut, Tasche und Schmuck – und es wurde verstanden, dafür hat man sie geliebt.
Kate Princess of Wales macht es ihr perfekt nach, auch davon berichtet Catrin Bartenbach. Sie wählt sorgfältig die britischen Designer*innen oder mixt es mit denen aus dem Gastland, geschickt kombiniert sie immer wieder High-Fashion mit High-Street wie Zara. Sie versteht die hohe Diplomatie der Bildsprache und der äußeren Erscheinung.
Christiane Clémant, Illustratorin und Künstlerin, in Roma e Toska – sehr diplomatisch.
Es gibt einen ganzen Katalog von diplomatischen Dress-Codes: Die Röcke nicht zu kurz, das Decolté nicht zu tief, die Farben dem Anlass angemessen … Steht man im Mittelpunkt, ist man möglichst so gekleidet, dass alle einen gut finden. Auch meine Schwägerin, Beata Tyszkiewicz, die berühmte Schauspielerin Polens, galt als schönste und best-dressed Woman. War schier unmöglich für mich, daneben zu bestehen.
Mitte: Catrin Bartenbach, rechts: Cornela von Einem
Die Ur-Großmutter von Cornelia von Einem war am Hofe des Russischen Zarens. Ihre Zugehörigkeit erkannte man an der blauen Schleife am Kleid. Die Revolutionäre 1789 in Paris nannte man die Sansculottes, die ohne Kniebundhosen (trug der Adel). Heute ist es die Handtasche, die eine gewisse Luxus-Clique definitiert oder der Name des Labels gestickt auf dem Pullover, das Hanseaten Blau.
Im Plauderton ging es von den Royals zu uns, mit Strumpfhose, ohne Strumpfhose, formal oder casual. Wie kleide ich mich für ein Date? Ich erinnere mich an meinen Look mit Ende zwanzig als eine Mischung aus Frau Doktor, Amie Winehouse und Wilma Flintstone, hochtoupierte Haare, roter Lippenstift, hochhackige Schuhe und selbstgenähte Kleider aus alten Fellmänteln. Klar zuzuordnen: eine, die nicht diplomatisch sein will. So habe ich meine Mann erobert. Es war weniger Bewunderung als das Bedürfnis, diese Frau von sich selbst zu befreien.
Muschelrock und Stiefeletten von Taglia Scarpe (€ 430)
Persönlichkeit zeigen will gelernt sein und vor allem gewagt. Ich bin mittlerweile souverän geworden, wie ich mit meinem Äußeren kommuniziere. Ich muss nicht mehr heftig provozieren, um trotzdem eigenwillig zu bleiben. Und dennoch gehöre ich auch zu den Millionen von Frauen, die manchmal ratlos vor dem Kleiderschrank stehen: Was ziehe ich an? Wenn es wichtig ist, wenn ich gefallen möchte, wenn ich erfolgreich sein will.
Gabriel Pochhammer in Roma e Toska und Gucci, Partnervermittlung Hammer&Herz
Catrin wollte schon als Kind Prinzessin sein, ich dagegen Piratin und Carmen? Und Ihr, die Leser*innen? Findet sich das Vergangene in Eurem Stil wieder und wie würdert Ihr Euren Look beschreiben?
Diplomatisch, zeitlos, individuell, casual, exzentrisch, elegant, sportlich, lässig, sexy, souverän, provokant, klassische, praktisch … ? – Nicht nur unsere Tasche spricht, auch die Schuhe, die Bluse, der Rock, der Schmuck. Und dazu noch eine Menge mehr, wie wir in unseren Outfits sitzen, gehen und stehen, sprechen oder schweigen. (Gestern war übrigens der Abend der Schuhe.) – Das Thema ist schier endlos. Dank an Catrin für den wunderbaren Auftakt.
Nächsten IT’S A DIENSTAG ist Leanna Byerlee mit ihrem Label by-told zu Besuch. Die ehemalige McKinsey Mitarbeiterin bezeichnet sich heute als „Fashion-Mediator“. Ihre exklusiven Schals, Stolas und Ponchos produziert sie als kleine Editionen in Nepal und Indien, um damit alte Handwerkstraditionen zu fördern.
Es sind Künstler-Kooperationen, diesmal mit dem Hamburger Eiko Borcherding, der ebenfalls an dem Abend anwesend ist mit seinen Arbeiten. Carmen und ich freuen uns auf Euch. Anmeldung: info@romaetoska.de
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