Wo fange ich an? Das Thema ist endlos: die Kulturgeschichte des Reisens. Seid es uns Menschen gibt, sind wir unterwegs. Kann man das noch „Reisen“ nennen oder sprechen wir von „Bewegung“, gehören unsere frühesten Vorfahren dazu, die ständig auf Wanderschaft waren, um Nahrung, Wasser und neue Rastplätze zu finden? Beginnt der Begriff des „Reisens“ vielleicht erst mit dem 19. Jahrhundert, dem Verständnis von Luxus und Genuß, fremde Orte zu erkunden und Urlaub zu machen?

Die Bücher liegen um mich herum, Südsee, Bruce Chatwin, Nelly Bly, Das Logbuch der Snack, Daniel Kehlmann Die Vermessung der Welt, ein dickes Kompendium zu 2500 Jahren des Reisens… Die anderen aus Kindheit und Jugend, trage ich in mir: Karl May, Scott und Amundson Der Wettlauf zum Südpol, Jack London…

Vier Kollektionen kombiniert … alle mit dem Thema „Reisen“.

Mein Vater wollte zur See fahren, mein Großvater meinte, es gäbe nichts Schöneres, als sich zu Hause in der Phantasie die Welt dort draußen vorzustellen, dazwischen bin ich groß geworden.

Bluse „Fauna der Arktik/Antarktik

Meine Kollektionen erzählen auf unterschiedliche Weise immer vom Reisen, der Natur, fremden Kulturen sowie dem „Fernweh“, auch so ein besonderer Begriff, den der exzentrische Fürst Pückler Mitte des 19. Jahrhunderts prägte. Goethe sprach zurvor noch von dem „umgekehrten Heimweh“.

Tatkräftige Unterstützung erhalte ich von Linda Pampalis (1. v.l.), die in den achtziger und neunziger Jahren den Inbound Tourismus in Südafrika aufbaute, einem Land, das durch die Apartheid international abgeschottet war. Wie lässt es sich entdecken, vorbereiten für einen verwöhnten Tourismus …? Sie schildert die unendliche Detailarbeit für ein neues „Produkt“, das verkauft werden soll: The smell of South Africa!

Auch Gabriele Pochhammer (l.) war jahrelang im Tourismus tätig, arbeitete in Dubai in den neunziger Jahren, landete im Busch von Südafrika, kochte für Tracking Touristen, übernahm das Marketing von Edel Lodges. Wenn beide erzählen, könnte es ganze Abende füllen. Diese Qualität gehört ebenfalls zum Reisen: die Geschichten davon.

Nichts ist so schön, wie die Beschreibung einer fremden Landschaft, der Menschen, die dort leben, des Unbekannten. Herman Melville ist Mitte des 19. Jahrhunderts ein Meister darin. Jack London reiste seinetwegen in die Südsee.

Magellan entdeckte seine Leidenschaft für die „Terra Inkognita“ (das unbekannte Land) durch Christopher Kolumbus, dem er als Kind begegnete. Aber was wäre er ohne seinen Chronisten, den Italiener Antonio Pigafetta, der das Logbuch von der ersten Fahrt rund um die Welt zu faszinierenden Bildern werden ließ.

Auch hier bekomme ich kompetente Einwürfe, diesmal von Tina Mahnke, ehemalige Flugbegleiterin, die eine große Sammlung von Reiseliteratur besitzt. Alle sind ihr bekannt, die Männer wie die Frauen: Nelly Bly „In 72 Tagen um die Welt“, Ella Maillart, von der ich schon so viel berichete, aber auch eine Vergessene wie Jane Digby, von der sie uns an einem zukünftigen IT’S A DIENSTAG berichten wird.

Tina erwähnt eine ungewöhnliche Reisebeschreibung, die in einem Zimmer stattfindet, eine Fahrt mit den Augen über die Wände mit ihren Schatten, den Bildern, den Büchern, der Dingwelt rundherum. Ich denke an Großvater, wie wir beide das Schweigen übten in seinem großen Wohnzimmer mit dem Licht, das langsam schummrig wurde.

Katharina Jenner (Mitte), promovierte Theologin, weiß von ganz anderen Reisen zu berichten, jenen der Frühzeit zu den heiligen Kultstätten, den biblischen Wanderungen und denen der Pilger. Es folgten die Kreuzritter, die Kaufleute, die Adligen auf Kavalierstour, mit oder ohne Geld. Das Volk reiste nicht … bis sich alles nach dem Zweiten Weltkrieg komplett veränderte.

Wieder entfalte ich ein Stück Stoff, das wir zu einem Seidenschal vernäht haben. Das Motiv stammt aus der Kollektion „The Beauty of the Ordinary“ mit Fotos aus meinem früheren Zimmer. Die Schönheit im Alläglichen entdecken.

Beauty of the Ordinary. Seidensatin Schal, 4 Stück (€ 198).

Wenn wir nicht sehen können, dann brauchen wir auch nicht zu reisen, dann werden wir nichts finden, was wir nicht auch schon vor der Haustür an Schönheit übersehen haben, das wusste schon Seneca (1 – 65 n.Chr.)

Es begleitet uns, das Reisen. Nicht nur für Bruce Chatwin war es das Thema seines Lebens: der Nomade, auf der Suche nach sich selbst. Natürlich hatte er Montaigne gelesen, den französischen Philosophen des 16. Jahrhunderts, und sicherlich hätte er seinem Satz aus vollem Herzen zugestimmt:

„Ich unternehme meine Reisen weder um zurückzukehren, noch um ans Ziel zu kommen. Ich unternehme sie allein der Bewegung willen, solange mir die Bewegung gefällt. Ich bin unterwegs, um unterwegs zu sein.“ (Montaigne)

Sofort gibt es in der Runde Proteste, es braucht das Zuhause. Sind wir unterwegs, weil wir das Ankommen ersehnen? Ein wunderschöner Gedanke, der uns zurück zum Anfang führt und in die endlose Schlaufe des Reisen.

Nächsten IT’S A DIENSTAG wird Sibylla Jenner (29), die besten Freundin von Roma, unser Talk-Gast sein. Sie ist für mich eine der intelligentesten jungen Frauen, wuchs auf mit Harry Potter… Wir sprechen über Europa und die Zukunft. Bringt Eure Töchter, Söhne und jungen Freund*innen mit. Anmeldung unter: info@romaetoska.de