Neben mir steht Christine Gräfin Adelmann. Als junge Frau heiratete sie in das gleichnamige Traditionsweingut hinein, das bis in das Jahr 1297 zurückführt. Nun ist es ihr Sohn Felix, der die Geschäfte führt inkl. Burg und Parkanlage. Wir trinken zwei von ihr und ihm ausgewählte Weine, eine Weisswein Cuvée (Der Weiße Löwe), die köstlich schmeckt, sowie den Spätburgunder. „Trocken. Wie unser Humor“, so steht es im Katalog.

Christine geht es an diesem Abend um einen Blick hinter die Kulissen des deutschen Weines. Sie beginnt bei dem Weinregal, wie es im Supermarkt und in den Feinkostabteilungen zu finden ist. Als kleine Zwischenbemerkung: Die Deutschen geben im Durchschnitt € 2,80 netto für eine Flasche aus, nur damit wir uns gleich orientieren, welche Etage die meist frequentierteste ist.

Ganz unten stehen die billigen „Industrie“-Weine. Sie kommen aus Ländern ohne Mindestlohnbindung oder mit wesentlich niedrigen Löhnen. Sie brauchen ein gleichmäßig sonnig-warmes Klima, werden maschinell gespritzt und geerntet, um dann in Tanklastern zu den großen Abfüllstationen zu gelangen. Kurze Reifezeiten und künstlich forcierte Aromen. Alles entspricht den Normen und Regeln. „Nur die Traube hat nicht die Gelegenheit, sich in dem Wein auszudrücken“, wie Christine es formuliert.

Anders die handwerklichen Weine aus Deutschland, die bei Preisen um die zehn Euro beginnen. Die Trauben werden von Hand gepflückt, und das mehrfach über die Erntesaison hinweg, denn nicht alle reifen zur gleichen Zeit. Sorgfältig schneidet man schlechten Beeren heraus.

Besitzt das Weingut ein Bio-Zertifikat so wie Schloss Graf Adelmann, dann ist der Arbeitsaufwand ungleich höher. Der Verzicht auf synthetisch hergestellten Pflanzenschutz und größtmögliche Rücksicht auf die Umwelt. Es bedarf eines fundierten, traditionellen Wissens, um den Weinen seinen markanten Charakter und seine Kultur zu verleihen.

Christine erzählt von dem VdP, der weltweit ältesten Vereinigung von Spitzenweingütern in Deutschland, der sich 1910 gründete. Rund 200 eigenständige Weingüter gehören ihr an. Man kann sich nicht um die Mitgliedschaft bewerben, sich nicht in sie hineinkaufen, sondern jedes Weingut durchläuft über mehrere Jahre eine Prüfung und Qualitätskontrolle, bis es aufgenommen wird. Der Traubenadler am Flaschenhals ist das gemeinsame Güte-Kennzeichen.

„Bei all unseren Weinen schmeckt man ihre Herkunft. Den Boden. Die Lage. Sonne, Wind, Regen. Die Landschaft.“ heißt es in der wunderschön gestalteten Broschüre des VdP, ähnlich schildert es Gräfin Adelmann. Herzblut steck darin, harte Arbeit und unzählige schlaflose Nächte.

Was ist, wenn nach heißen Sommertagen der Hagel die Ernte vernichtet? Wenn die feuchte Wärme im Juli, August und im Frühherbst den Ungezieferbefall und Pilzkrankheiten fördert? Mit dem Klimawandel wird es früher warm in der Saison, die Reben treiben voreilig ihre Kospen, die oft mit den Eisheiligen im Mai absterben. Wieder kommt es zu massiven Ausfällen. Durch die nachwachsenden Triebe verzögert sich die Reifung der Trauben.

Es gäbe noch so viel zu sagen. Wir hören zu, stellen Zwischenfragen. Ich bin keine Weinkennerin, aber ich habe das Regal im Supermarkt verstanden. Wollen wir den Einklang mit der Natur fördern, das Handwerk, die Leidenschaft, Tradition und echten Genuss, dann sollten wir in die mittleren Fächer greifen und uns dort durchprobieren. Den Moment nachkosten, in dem alles zusammenkommt. Geht es nicht darum im Leben?! – Danke Christine Gräfin Adelmann für diesen Blick!

Dank an maison f. für das wunderbare Catering und die Dekoration