Schön und gut: All About Sex, aber wie spricht man darüber in einer IT’S A DIENSTAG Runde? Bleibt man eng an der Vorlage des Buches „Ich frage für einen Freund…“ Das Sex-ABC für Spaß in den besten Jahren, das unser Talkgast Detlef Hacke als Ghostwriter geschrieben hat? Oder wird man persönlich und kramt in seiner eigenen Erotik-Vita, wenn es denn da was zu kramen gibt? Männlicher Beistand ist anwesend.
Ein wenig hängt die Unentschiedenheit im Raum, als wir uns nebeneinander setzen, und gleichzeitig, wie eben auch beim Sex, kursiert gesteigerte Erwartungshaltung unter den ZuhörerInnen.
Ich habe mich auf jeden Fall mit meinem Fashion-Rüstzeug in Stellung gebracht: Lackleder-Rock in (natürlich) rot, hochhackige Stiefel, weiße Bluse tief geknöpft, Herren-Dinnerjacket-Weste (als koketter Bruch). Mein strategischer Gesprächsansatz: flirty.
Neben mir Detlef, der überraschend nüchtern und kontrolliert durch das Thema „Sex-Alphabet“ wandern will. Hey, hast Du hingeguckt, hier sitzt eine Super-Lady. Leichte Irritation, trotz Sympathie will es nicht recht funken, meine Bälle landen im Aus.
Erneuter Versuch, was ist sein Lieblingskapitel? Wir hätten ein opulentes Angebot von A bis Z mit „Dirty Talk“ oder „Fetisch“, verklausulierten Buchstaben-Kombinationen wie „GANPF“ oder „Obwohl-Sex“. Er wählt die „Fantasie“. Da wären wir Frauen weit vorne, ich ahne es.
Und nicht wenige verraten mir nach dem Gespräch, dass sie sich die ganze Zeit vorstellten, wie unser Gast wohl im Bett wäre. Christins geflügeltes Wort in heiklen Situationen: Das kann ich mir nicht vorstellen, das muss ich erst einmal nackt sehen.“
Ich denke an Woody Allen und werfe einen verstohlenen Blick zu Detlef rüber. Er bleibt in meiner Fantasie bekleidet, sonst krieg ich das mit der Moderation nicht hin, das Frivole überlasse ich den Freundinnen.
Er will sich nicht „entblößen“, das ist klar zu merken. Dabei kann der getarnte Sachbearbeiter aus der Fachabteilung Sex so launisch klug über das Thema schreiben kann.
Und welcher Beitrag fiel ihm besonders schwer, bohre ich weiter, nachdem das mit der Fantasie zwischen uns nicht weiter verbal verfolgt wird. „Die Harmoniefalle“, antwortet er nach kurzem Überlegen, diese Überdosis von Konfliktvermeidung und bleierne „Waffenstillstandsvereinbarung“ zwischen Paaren, die sich schon lange nichts mehr zu sagen haben. „Harmoniesucht überdeckt die emotionale Leere.“ Ein sehr gelungenes, einfühlsames Kapitel, wie ich finde.
Wie ist das als Ghostwriter? Ahmt man den Stil der Auftraggeber nach, in diesem Fall die Sexualtherapeutin Katrin Hinrichs und der Journalist und Buchautor Hajo Schumacher, die zu dem Thema einen erfolgreichen Podcast führten? Es war eine sehr entspannte Zusammenarbeit. Täglich entstand ein Kapitel, im Austausch kommentiert. Die Handschrift von Detlef Hacke ist deutlich, ruhig und souverän, eloquent im Jonglieren der Ebenen und immer delikat appetitlich, auch wenn es um Oralsex oder den Dreier geht.
Wenn ich ihn doch nur ein wenig aus der Reserve locken könnte. Beherzt gebe ich ein paar meiner Insites zum Besten, oute mich als inflationäre Liebesbriefschreiberin (Buch dazu folgt), manchmal sogar als Brief-Ghostwriterin für die anderen.
Er lächelt und bleibt doch stumm. Auch diese Bastion ist nicht erobert. Dafür muss man wohl das Buch lesen, das ich jedem ans Herz legen kann. Wenn man in der Beziehung sprachlos geworden ist, dann dient es als wunderbares Vor-Lesebuch.
Ist doch schön, wenn man nicht zickig über schlechtes Timing in der Liebe palavert, sondern mit Detlefs Worten: „Für Männer formuliert: Wer die Kupplung zu hastig kommen lässt, der würgt den Motor meistens ab.“
Gut sieht er aus mit dem Krimischal von Eric Weißmann um dem Hals. Der ein-meter-neunzig Mann sitzt mir auf Augenhöhe. Nehmen wir uns doch einfach mal in den Arm.
Das mit dem Knutschen überlassen wir den anderen Partner-Konstellationen (übrigens auch ein schönes Kapitel). Danke Dir für den unschlüpfrigen Abend, auch wenn mir die Röte etwas ins Gesicht gestiegen ist. (Die Heizung war denke ich zu hoch gestellt).
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