Die meisten werden es gelesen haben, die nicht, lesen es nun: Die Weihnachtskrippe feiert 800 Jahre. Ihr Erfinder war Franz von Assisi, der am Heiligen Abend 1223 in der Felsgrotte Greccio die Geburt Jesus nachstellen lies. Einem Freund vertraute er folgendes an, so sein erster Biograph Thomas von Celano (1200 – 1260):
„Ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen“ (1 C 84,8).
Fresko mit der Weihnachtsszene in der Grotte des ersten Krippenspiels in Greccio. | © Robert Cheaib
In der Nacht kam er mit seinen Ordensbrüdern und einer Menge Menschen aus dem kleinen Bergdorf zu der Grotte. Mit Kerzen und Fackeln erhellten sie den Ort mit der Stall-Szene und den echten Tieren. Der Mönch erzählte die Weihnachtsgeschichte, und vor allem jene, die nicht lesen konnten, hörten eifrig und bewegt zu.
Leonard da Vinci, Studien zu einer Madonna mit Kind, um 1478–1480.
Schlicht und beinahe holperig hatte sie Lucas, der Evangelist, um ca. 80 n.Chr. aufgeschrieben:
Es begab sich aber zur der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.
Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden
bei den Menschen seines Wohlgefallens.
Und als die Engel von ihnen in den Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.
Tizian, Madonna mit Kind,der heiligen Katharina sowie einem Hirten, um 1530 von Tizian gemalt: „Madonna mit Kind, © Foto: Paris, Musée du Louvre
Seit ich Kind bin, kann ich diese Zeilen auswendig aufsagen, weil ich in jedem Krippenspiel mitspielte. Vergeblich bewarb ich mich wieder und wieder um die Rolle der Maria, aber ich hatte keine langen Haare und blond (damals Maria-Pflicht) waren sie auch nicht. Josef sagte die ganze Zeit nichts, also bekam immer ein Schul-Dussel diesen Part. Ich war Hirte („-in“ würde man heute gendergerecht korrigieren). Und weil ich mir Texte gut merken konnte, war ich nicht nur Hirtin 1, sondern auch Hirtin 3 und 4. Dann fiel jemand aus, ich übernahm und avancierte zur gesamten Hirtenschaar. Als die Sternträgerin beim Einmarsch in die Kirche ihre Haare an der Kerze ihres Hintermannes versengelte und sie darauf eine frühkindliche Nervenkrise bekam, wurde ich auch noch SternträgerIn. Fast ein Ein-Mädchen-Krippenspiel. Nur Maria, die war ich nie.
Was packe ich in meinen Adventskalender mit der Tür Nummer 23?
Die Weihnachtsgeschichte.
Lernt sie heute auswendig. Es macht nichts, wenn Ihr nicht religiös seid oder einem anderen Glauben anhängt. Die Erzählung hat etwas Anrührendes und man sieht durch sie mit dem Herzen auf unsere Welt.
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