Ungeduldig warten wir in Hamburg auf den Stoff aus Oberitalien. Aus den ersten Andrucken der XXL Miesmuscheln, die Alexander von Humboldt (1759 – 1859) seinerzeit zeichnete, hat Melle, die Atelier-Chefin, eine erste Prototyp-Bluse genäht. Und ich habe nichts Eiligeres zu tun, als mich damit am Strand zu fotografieren. Das Wetter ist ideal: Sonne, Regen, Regenbogen und ein aufgepeitschtes Meer.
Als Modell haben wir den Kimono-Schnitt gewählt, mit den weiten Ärmeln rechtwinklig eingesetzt, damit das große, beinahe abstrakt wirkende Muster auch zur Geltung kommt.
Beim Zuschnitt haben wir bewusst nicht darauf geachtet, wie sich die Formen von schwarz-grau-perlmutt über die Bluse verteilen. Somit wird jede ein wenig einzigartig sein. Vielleicht sollten wir sie numerieren, eine gute Idee.
Dessin und kastiger Schnitt wirken beinahe asiatisch, auf jeden Fall exotisch, führen ein Stück weit zu meinen Überlegungen von „multi-ethno“. Genauso kann ich mich aber auch im Bereich der Kunst assoziativ herumtummeln und an großformatige Gemälde von Robert Motherwell denken.
Die großen Muscheln auf cremefarbenen Untergrund werden das zentrale Leitmotiv für den Herbst-Winter 2022/23 sein. Das Futter dazu ist gleichfalls in Arbeit, der Seidenchiffon für die Schals, ein Seidentwill für das Kleid … – Muscheln fühlen.
Nun brauche ich nur noch eine Muscheln, um sie in der Hand zu halten, aber der Strand ist leergefegt von der Flut. Und doch … da ist sie, die eine, die richtige unter tausenden von Muscheln, als hätte sie nur auf mich und meine Bluse gewartet.
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