Die Distel ist keine Bezeichnung für ein Pflanze, sondern umgangssprachlich für eine Gruppe von Pflanzen, gemeinhin pieksig, stachelig, grün und störend. Das erste, was man reflexartig macht, man reißt sie raus oder spritzt gar Unkrautvernichter über sie, damit auch ja keine kleinen Distelchen ihr nachfolgen. Hier mein klares Bekenntnis am Montag Morgen: Ich liebe Disteln. Ich finde sie schön. Ich mag ihr grün.

In der Vergangenheit habe ich schon ein Votum für den blühenden Kaktus abgegeben, und auch die Bellis Perennis (das Gänseblümchen) wurde von mir mit einem Beitrag bedacht. Die Disteln dürfen also nicht fehlen. Und schon stellen die aufmerksamen Leser*innen fest, es gibt eine Gemeinsamkeit: alle drei brauchen keine besondere Pflege, um zu existieren, sie wollen nur bescheiden wahrgenommen werden. Geht uns doch auch so!

Die Distel ist für das geschulte Auge eine Entdeckung. Grün ist nicht gleich grün, und Blatt ist nicht gleich Blatt. Der Intellekt kapiert, dass wie in der Buchhaltung man nicht mehr von „Unkosten“, sondern nur noch von „Kosten“ spricht und somit auch das Wort „Unkraut“ in die obsolet Kiste gehört.

Die Distel ist berühmter als manch einer denkt. Sie ist im Wappen von Schottland enthalten, es gibt einen Distelorden, heraldisch ist sie so wichtig wie die Lilie, ihr sind Lieder und Gedichte gewidmet und der französische Künstler Édouard Monet (1832 – 1883) malte sie.

Édouard Manet, Diestel, 1858 – 1860 oder 1880, Öl auf Leinwand. Von der Heydt Museum, Wuppertal

Wer also demnächst zum Gartenhandschuh greift, um die Distel rauszureißen, der halte einen Moment inne. Vielleicht lohnt es sich, zur Familie der Distel-Beschützer zu gehören wie die Schotten oder die Franzosen in der Stadt Nancy, die Literaten und Künstler, die Vögel und die Insekten. Was macht die Distel weniger wertvoll als das gemeine Stiefmütterchen, die Primeln, Ranunkeln und wie sie alle heißen? Die berechtigte Frage am Montag!