Es ist, als würde die Natur auf dieser Insel südlich vom Äquator, mitten im Indischen Ozean, verschwenderisch mit allem umgehen. Wir haben Sommer und Regenzeit. Überall wuchert und sprießt es, atmen die Blätter und Blüten die schwülwarme Feuchtigkeit. Mein Tag 5 ist den Farben gewidmet. Am liebsten hätte ich ergänzt: … und den Pflanzen. Aber in der Botantik schwächelte ich schon immer, und so nehme ich alles auf mit dem Blick der Designerin, die in Rosa denkt, in Pink, Rot und Grün.
Der Weg führt uns in Serpentinen hoch über den Ort Saint Leu im Südwesten, wo Roma und Nico wohnen. Ziel ist Mascarin, einer der berühmten botanischen Gärten der Insel. Das Herrrenhaus der ursprünglichen Plantage für Zucker, Geranium, Tee und Baumwolle wurde im 19. Jahrhundert errichtet. Seit 1986 ist es zu einem Museum umgestaltet.
Die Topfpflanzen meiner Kindheit wachsen hier überlebensgroß, die Azalee, die Monstera Deliciosa (hieß bei uns schnöde „Gummibaum“), die Flamingoblumen (stand bei meiner Großmutter beleuchtet in der einzimentierten Blumenbank). Was ich damals spießig fand, fesselt nun in XXL meinen Blick.
Insgeheim gehe ich die Palette der Trendfarben Sommer 2023 durch. Ich habe das zartere Pink gewählt, wie das der „Rose de Porcelaine“ auf dem Foto, aber es gibt auch die kräftigere Variante, wie es lauthals aus dem kleinen Teich herausleuchtet, kaum zu bändigen für die Mode.
Wir öffnen die Tür zu dem kleinen Gärtchen, in dem die fleischfressenden Pflanzen leben, so als müssten sie hinter Gittern sein. Vorsicht, gefährlich. Auch hier hat sich die Natur in ihrer Phantasie ausgetobt, ist keine Extentrik zu viel. Das Mehr ist gerade genug, um in die tödliche Falle zu locken.
Roma und Nico kennen die Namen, können sie kategroisieren, ob essbar oder nicht, ob Blume oder Blaum, ob Wurzel oder Samen. Ich nicke, aber meine Augen sind zu beschäftigt, um das andere aufzunehmen.
Wenn ich weiter in diesem beschaulichen Tempo schreibe, dann lest Ihr noch heute Abend, so als würde ich Euch an die Hand nehmen durch diesen wundersamen Garten mit immer wieder neuen Gärten dahinter mit Orchideen, mit Fruchtbäumen oder mit Kakteen, wie sie in Miniatur auf der Fensterbank meines Studentenzimmers standen (und vertrockneten).
Jeder Schritt wird es zu einer schier endlosen Inspiration, überall das Grün in seinen Varianten, wie es sich zu dem Rosa fügt mit dem milchigen Hellblau im Hintergrund. So muss man auch mit Mode umgehen, ales passt zusammen und kreiert eine neue Harmonie. Die Natur macht es uns vor.
Und schon wieder denke ich an Alexander von Humboldt, an seine permanenten Querbezüge, wie er Ähnlichkeiten über Kontinente hinweg entdeckte, wie sich etwas selbst über und unter dem Wasser ähnelt. Vernetztes Denken und Sehen, nichts anders mache ich hier, schaut Euch die Korallen-Blüte an.
Es gäbe noch so viel zu erzählen, von dem Baum, der geht, von dem Papapei-Blumen, den Gedanken an Sibylla Maria Merian und ihre Blumenzeichnungen im späten 17. Jahrhundert (ich widmete ihr eine ganze Kollektion), an die erotischen Malereien von Georgia O’Keeffe. – Aber ich muss eilen, ans Meer, in die Nacht mit dem Mond über der kleinen Hütte und in den nächsten Tag.
Die Muschel-Bluse gibt es auch ganz bald, morgen wird sie im Online Shop stehen und kann schon vorbestellt werden.
Danke für die intensiven botanischen Schilderungen. Ich frage mich jedoch ganz profan, wieso die Seidenblusen Euch In diesem tropischen Paradies mit 32 Grad Celsius nicht am Körper kleben. Was ist Euer Geheimnis?