Gestern Nacht landete meine Tochter Roma(28) in Paris. Elf Stunden Flug von La Réunion, der Insel im Indischen Ozean, wo sie seit Anfang des Jahres lebt. Kurz mit Toska (25) entlang der Seine bummeln, morgen geht es weiter nach Hamburg, und dann wird sie uns zum IT’S A DIENSTAG (18.10.2022) erzählen, wie sie die Philosophie mit dem Kulinarischen verbindet, wie es sich lebt in Frankreich und doch nicht in Frankreich. Ist es eine andere Form des Alltags, eine bessere, eine zeitgemäßere oder zukünftige? Viele Fragen. Eines verspreche ich jetzt schon, es wird uns ein Hauch von einem fernen Paradies umhüllen. Als Appetizer schickte sie mir heute ein Rezept: Das Cari créole.

Wenn ich mir dieses Foto anschaue, komme ich sofort ins Schwärmen und möchte vor diesem Topf stehen, den Blick raus in diese herrliche Natur im Mafate, einem der drei Vulkan-Kessel, die einst vor Millionen von Jahren die Magmakammern des Piton de Neige bildeten, der die Insel schuf. Nur zu Fuss kann man die 95qm große Fläche durchwandern, umschlossen von 2.000 Meter hohen Gipfeln.

Das Cari Poulet heute entstand in Romas Wellblechhütte in St-Leu an der Westküste der Insel mit Blick über das Meer, wo die Sonne einige Stunden früher untergeht als bei uns. Ich übergebe nun meiner Tochter das Wort:

Der Cari ist mit Sicherheit das traditionellste Gericht der Réunion. Es ist ein Fleisch oder Fisch Eintopf, welcher mit Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten, Curcuma und Ingwer zubereitet wird. „Einfach, aber gut,“ lautet hier das Motto. Auch wenn man vielleicht der kreolischen Küche ein wenig Mangel an Kreativität vorwerfen kann, so ist das Ziel nicht die kulinarische Inspiration, sondern die Geselligkeit. Jeden Sonntag ist der Strand gefüllt mit Familien, die in drei Generationen ihr großes Picknicks veranstalten.

Und genau hier findet das Cari créole seinen Platz, gemeinsam und möglichst zahlreich an einem Tisch. Begleitet wird das Cari traditionell mit Reis und «grain», was so viel bedeutet wie «Korn» und so ziemlich alles sein kann, von Bulgur über Bohnen bis Linsen.

Ich selbst habe fünf Tage in Mafate in einem kleinen Bistro gearbeitet, wo ich gelernt habe, richtiges Créole Cari zu kochen, in großen Töpfen, direkt überm Feuer. (Die Hühner liefen am Frühstück noch durch die Gegend). Ich gebe genau dieses Rezept Preis, habe es nicht verändert, bearbeitet oder nach meiner Meinung verbessert. Mache Dinge müssen traditionell bleiben, weil gerade darin diese familiäre Geselligkeit steckt.

Für 4-5 Personen:

1 Huhn (als ganzes)
3-4 Zwiebeln
6-7 Knoblauch Zehen
1 große Ingwer Knolle
4-5 große Tomaten oder eine große handvoll Kirschtomaten (ca. 10)
Thymian
Curcuma
1 Liter Bier
1 Liter Pflanzenfett (Raps- oder Sonnenblumenöl)
1 Tasse Linsen
1 Tasse Reis

Das Huhn zerteilen. Dies kann auch direkt der Fleischer machen, wichtig ist nur, dass das Gerippe und die Knochen an dem Fleisch bleiben. Lasst Euch vom Fleischer auch die Leber und Nierchen mitgeben. Wer keine Eingeweide mag, dem rate ich dennoch, diese mitzukochen, sie werden der Soße zusätzlichen Geschmack geben (wie die Knochen auch). Man kann sie dann beim Servieren einfach weglassen oder für die Innereien-Liebhaber aufheben.

Wenn das Huhn einmal zerteilt ist, die Stücke in heißem Fett gold-braun frittieren. Die Innereien zur Seite legen, die kommen erst ein wenig später ins Spiel. Das frittierte Fleisch anschließend auf einen Teller tun und mit einer Schöpfkelle eine gute Portion vom Frittierfett in einen großen Topf geben.

Zwiebeln, Knoblauch und Ingwer in Scheiben schneiden und in den Topf geben. Diese leicht bräunen und zwei Teelöffel Curcuma dazugeben. Tomaten in Würfel schneiden (Kirschtomaten können als Ganzes in die Soße) und mit hinein in den Topf.

Das Fleisch dazu geben, die Eingeweide zuerst, und mit einem Liter Bier übegießen. Thymian hinzufügen. Alles zusammen nun eine gute halbe Stunde vor sich hin köcheln lassen. Von Zeit zu Zeit umrühren, damit nichts anbrennt.

In der Zwischenzeit die Linsen in der doppelten Menge Wasser mit einer Prise Salz, Knoblauch und Thymian aufkochen. Gut 10 – 15 min kochen lassen, dann Deckel drauf, vom Feuer nehmen und ziehen lassen.

Sobald das Bier eingekocht ist (es sollten so 2 – 3 Zentimeter Flüssigkeit im Topf bleiben), alles noch einmal mit kochendem Wasser bedecken und wieder für eine gute halbe Stunde köcheln und reduzieren lassen. Achtung beim Rühren sehr delikat sein, sonst zerfällt das Fleisch in viele Stücke. Sollte sich beim Knochen bereits das Fleisch vom Knochen lösen, diese erst beim Servieren entfernen, denn sie liefern das zusätzliche Aroma für die Brühe.

Auch sehr wichtig: erst zum Ende salzen. Wenn man eine große Menge Flüssigkeit zum Reduzieren bringen will und zu Beginn schon salzt, wird sich das Salz nur weiter konzentrieren und am Ende die Soße vollkommen versalzen. Und man vergesse nie: Man kann immer nachsalzen, entsalzen leider nicht.

Zum Ende noch den Reis zubereiten. Créole Reis wird in einer großen Menge Wasser für 15 min gekocht und dann abgegossen. Ich persönlich bevorzuge hier die italienische Art, in der Reis in der doppelten Menge Wasser aufgekocht und dann ziehengelassen wird. Bon Appetit! Freue mich auf Dienstag. (BT: Anmeldung unter: info@romaetoska.de)