Die vergangenen Tage gingen vorbei mit einem Austausch von Geschichten, Erlebnissen aus 2020 und Gedanken an die Zukunft. Wie wird sich das Zusammenleben gestalten zwischen den Freunden auf Abstand, den Partnern im Lockdown und den „Sich-Zugewandten“, die sich nicht sehen können. Für letztere ist es am einfachsten, sie schreiben. Und wie heißt es so schön: Trennung ist wie der Wind, der das schwache Feuer auspustet und das starke weiter entfacht. Oder auch nicht, ein Versuch ist es wert.

Für Erstere, die Freunde, ist es schon beinahe Routine geworden, sich mit fernöstlichen Gesten freundlich zu Welcoming, statt sich ein flüchtiges Küsschen à la Française auf die linke und rechte Wange zu geben. Wir kämen damit klar, zumindest für den Übergang.

Abb: Seidenbluse Flieder mit weißem Kragen S/M. Eine noch im Archiv (Sonderpreis € 250). Vintage Gürtel Yves Saint Laurent 1970er Jahre (€ 450)

Und für die Paare im Lockdown? Ich höre so einiges und vieles. Mein A aus dem Wunsch-Alphabet zu Sylvester erzählte mir gestern, ich sollte doch mal über ein „charmantes Verhältnis“ schreiben, zu dem ich ihr vor einem Jahr riet. Mache ich gern, ohne dabei ins Schlüpfrige abzugleiten. Gleichzeitig denke ich an Erich Kästner’s „Sachliche Romanze“, die mich schon in der Schule zu Tränen rührte.

Sachliche Romanze

Als sie einander acht Jahre kannten
(und man darf sagen: sie kannten sich gut),
kam ihre Liebe plötzlich abhanden.
Wie andern Leuten ein Stock oder Hut.

Sie waren traurig, betrugen sich heiter,
versuchten Küsse, als ob nichts sei,
und sahen sich an und wußten nicht weiter.
Da weinte sie schließlich. Und er stand dabei.

Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken.
Er sagte, es wäre schon Viertel nach Vier
und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken.
Nebenan übte ein Mensch Klavier.

Sie gingen ins kleinste Cafe am Ort
und rührten in ihren Tassen.
Am Abend saßen sie immer noch dort.
Sie saßen allein, und sie sprachen kein Wort
und konnten es einfach nicht fassen.

So, jeder, der sich angesprochen fühlte, hat nun ein wenig geheult und kann überlegen, was zu verändern wäre, erst mal vielleicht auf der Oberfläche, für die ich als Designerin ja stehe: hübsch machen, verführerisch aussehen, den kurzen Rock oder die Leo-Hose aus der hintersten Schrank-Ecke hervorkramen, den Blusenknopf eins weiter öffnen, die Haare richten, Augenaufschlag und Kerzen an.

Abb: Kimono Bluse schlamm (€ 298), Vintage Yves Saint Laurent Gürtel (€ 450), Seidentuch Ernst Haeckel (€ 198), Chanel Rock (mein persönliches Notfall-Outfit)

Und wenn dann der Mann immer noch im alten schlabbrigen Pullover dasitzt und fragt, ob die Vorratskammer aufgeräumt ist, oder sich gar unachtsam verleiten lässt, einen „Mama“ zu nennen, dann ist Schluss! Akuter Gesprächsbedarf.

Mein Emergency-Handy ist freigeschaltet, die Fashion-Take-Away Tür angelehnt, und der Postbote nimmt jedes Carepaket am späten Nachmittag mit. Wir liefern sofort: Bluse mit variabler Knopfleiste, Rock kniefrei, raffinierter Gürtel und klimpernder Schmuck, was auch immer. Es ist ein Anfang!

Freue mich auf Nachrichten über ein charmantes wiederbelebtes (inhouse) Verhältnis oder – sorry to say – manchmal mussten die Damen und Herren auch mal an die Riviera. Wird irgendwann wieder möglich sein.