Gestern nach einem langen Tag saß ich mit dem Galeristen Thomas Holthoff zum Abendessen zusammen. Ich nenne ihn meinen „Lieblingsgaleristen“, wie er dort zwischen seinen Zimmern mit der Kunst an den Wänden, dem alten halbkaputten Gazelle Fahrrad und der Küche hin-und-her läuft. Er kocht, ich kann nicht kochen.

Wir unterhalten uns, es geht um Kunst, um Literatur, Peter Büchler, von dem ich bald ein paar Arbeiten ausstellen werde, der Stapel mit Büchern (u.a. Christian Kracht „Faserland“), die auf dem Tisch liegen. Die Musik klingt etwas knarrig aus dem alten Radio, jemand interpretiert Schumann, ich habe vergessen wer es war.

Thomas hantiert mit den Zutaten, Frühlingszwiebeln, Tomaten, Peperoni, Zucchini …, was er so findet. Feingeschnitten mit Öl in die Pfanne. Es wird eine einfache Pasta Arrabiata. Köstlich. Endlich setzt er sich, wir essen. (Kein Foto, zu schnell aufgegessen). Es kommt das Wort „bedürftig“ auf. Ein ungewöhnlicher Begriff. „Bedürftig sein nach“ – etwas fehlt, etwas wird vermisst, sich nach etwas anderem sehnen als nach Zahlen, Inzidenzen, mathematischen Hochrechnungen mit Kurven, die gerade wieder in die Höhe steigen. Dann springt Thomas wieder auf, um sein Fahrrad in der Küche zu reparieren.

Jeder schleicht mit seinen eigenen Gedanken um dieses Wort, das so weich klingt, das „Dürfen“ in sich trägt, als eine Zustandsbeschreibung mit dem Wunsch nach etwas und jemanden. Ich bin bedürftig nach solchen spontanen Zusammenkünften mit einem einfachen Essen, einem Rest von Wein und meinetwegen auch dem Fahrrad, das zwischen Herd und Tisch repariert werden muss.

Und nun liege ich in meinem Bett im Tempel in der Poolstrasse 12 in der Hamburger Neustadt zwischen Mode, Kunst und Apsis Ruine. Die Vögel zwitschern, es schlägt eine Kirchenuhr, vielleicht ist es der Michel, man spürt die Nähe zum Hafen, es ist 6:45 Uhr. Ich bin bedürftig nach Frühling …