Der grüne Daumen wurde mir nicht mit in die Wiege gelegt, und so nahm die Geschichte der stolzen Rose mit ihrem langen Stil und dem verheißungsvollen Pink einen zunächst unglücklichen Verlauf. Das Cousinchen brachte sie vorgestern mit als Geschenk, weil wir umziehen und einfach nur so, weil …

Eilfertig griff ich nach einem Keramikkrug von Paul Dresler und die Rose leuchtete aus dem Fenster über die Autowerkstatt, Richtung Ruine, optimistisch in das Grau des Tages. Schön!

Als ich mich gestern Abend wieder an den Tisch setzte, sah sie gar nicht mehr so glücklich aus, meine Hübsche. Sofort schrieb ich es meinem schwarzen Daumen zu. Aber während ich arbeitete und las, ließ es mir doch keine Ruhe. Entsetzt musste ich feststellen, dass in dem Gefäß noch die Reste des Salatdressings waren, die sich nun um den unschuldigen Stil gelegt hatten. Typisch ich. Da muss man sterben, das sah ich ein.

Ich wusch den Krug und den Stengel, kürzte ihn ein wenig und stellte beide wieder auf den Tisch. Heute Morgen ein ähnliches Trauerspiel, anrührend im duftigen Licht um 7:08 Uhr. Armes Röschen, das kleine Ding schien mit mir zu sprechen.

Erneut putzte ich sie und tupfte sanft das immer noch an ihr haftende Öl weg, hielt sie unter heißes Wasser, unter kaltes Wasser. War schier verzweifelt über mich, dass ich keine Ahnung habe von solch zarten Blumengeschöpfen.

Nun steckt sie in der Vase von Wilhelm Wagenfeld und während ich diese Zeilen schreibe, merke ich deutlich, wie sie wieder zu Kräften kommt. Ich fühle mich erleichtert, zuversichtlich und denke an meine neuen Kreationen, überlege sogar, ob ich mich für die kleine Rose noch mal umziehe in ein ähnliches Pink.

Die Wassertropfen auf ihren Blütenblättern haben sich zu ihren Beschützern erklärt und ich schließe mich ihnen an. Wird schon, kleine Rose, wird Frühling!