So, wie er dort über dem Stuhl hängt, sieht man ihm kaum an, was für eine Kraft er besitzt: der Mantel aus wundervollem Mohair-Stoff (Frankreich), gefertigt im Erzgebirge, mit Perlmutt-Mosaik-Knöpfen und Diamant-Futter. Die Farben in erdigem Braun sowie einem beige und gelb-grün, das man in der Natur findet, wenn der Winter in den Frühling übergeht …
Leicht ist er, federleicht sogar, bedenkt man, dass über 3 Meter Stoff in ihm stecken. Nimmt man diesen Mantel vom Stuhl oder vom Bügel und schlüpft in ihn hinein, wird aus dem edlen Fashion-Teil ein Zaubermantel, der einem eine neue Hülle schafft, eine neue Präsenz verleiht, ein stärkeres Ich zum Vorschein bringt.
Die Kommentare der neuen Besitzerinnen sind immer die gleichen, wenn sie beschwingt mit hochgeklapptem Kragen aus dem Geschäft gehen – ganz sie selbst und auf faszinierende Art sichtbar für alle rundherum.
Die gestrige Geschichte des „Zaubermantels“ ist bewegend: der Vater der jungen Kundin hatte den Mantel vor dem Kauf ausgependelt ohne ihn gesehen zu haben und meinte zur Tochter: Kauf ihn nicht! Trennungsängste, Furcht vor der Eigenständigkeit der jungen Frau? Wir kamen miteinander ins Gespräch und sie schilderte mir, wie sehr sie über Jahre versucht, ihren eigenen Weg zu finden. Ein Verehrer wollte ihr den Mantel schenken gegen Liebesdienste … – Was es nicht alles gibt! – Sie kaufte ihn von ihrem Geld und selten habe ich jemanden so strahlen sehen. Kaum war sie aus dem Geschäft kam eine Frau hereingeeilt und berichtete aufgeregt: Da sei eine ganz ungewöhnliche Frau gerade mit einem so glücklichen Gesicht und Roma e Toska Tüte davongeradelt. Ich bin mir sicher, der Zaubermantel wird sie auf ihrem Weg ein gutes Stück begleiten.
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