Ist mir schon klar: Wir haben es momentan mit einer Inflation der „Concept Stores“ zu tun. Was früher ein „Krämer-“ oder „Tante-Emma“ Laden war, wurde zur „Markenboutique“, zum „Multibrand“ Store und betitelt sich nun – ganz en vogue, zurecht oder nicht – als „Concept Store“. Farbian Hartjes von der ZEIT online beschrieb es vor gut einem Jahr böse-bissig als „Konsumgutbürgers neue Leere“ und ätzt dann über die nächsten Zeilen heftig weiter. Alle meine Lieblingswörter fallen in dem Artikel und werden doch so mies verdreht, dass mir daran beinahe der Appetit vergeht, so z. B. der Begriff des „kuratierens“, den ich gerade für meine Rolle in dem neuen Hamburger Geschäft in Anspruch nehmen wollte. Vom „story telling“ wollen wir gar nicht erst reden. Recht hat er mit fast allem, ABER auch wenn die Begriffe überstrapaziert werden, bleiben sie doch die richtigen, finden sich nicht so schnell bessere.
In der Milchstrasse 11, dem neuen „concept store curated by Roma e Toska“ soll nicht der „Sneaker in Dialog mit den Coffeetable Books“ treten, wird das Geschäft nicht betrieben von „lokalprominenten, mittelalten Männern; am Laufen gehalten … von jungen Frauen und Männern, die noch lokalprominent werden wollen“. Und wenn es um „story telling“ geht, dann bitte schön sind es die richtigen Geschichten und nicht die eines hellblauen Pullovers, den ich schon tausendfach in anderen Geschäften gesehen habe.
Ich fasse zusammen: „concept store“ besteht aus einem Mix an Produkten (ja! Fashion, Art, Accessories, Interior, Lifestyle), die sich an einer definierten Zielgruppe orientieren (ja: neugierig, wertorientiert, gebildet, alterslos …), die Auswahl konzentriert sich auf Einzelteile und kleine Serien, die sich durchmischen als „cross-selling“ (ja: der Stuhl neben dem Bild vor der Stange mit Editions-Teilen …) – Was ist daran falsch, klingt doch eher nach einem wundervollen Konzept, das allerdings unprätentiös und mit einer Verantwortung für die Dinge (Qualität, Herkunft, Aussage) vermittelt werden muss.
Und was ist so schlimm an dem „Kuratieren„? Es beschreibt jenen, der sich „kümmert“, der betreut und organisiert. Bingo, das bin ich! Und wer mir meine „Geschichten“ verdirbt, der muss ja nicht zuhören und braucht nicht zu kommen. Für ihn stehen bereit die „Mono-Flagship-Tempel“ aus der Zeit davor, als das Shoppen mit Status zu tun hatte, mit elitärer Selektion, mit militärisch streng gehängten Kleiderstangen (don’t touch) und dem Scannerblick der Verkäuferin.
PS: Ich bevorzuge die Tasche im Dialog und nicht auf dem Sockel, so wie sie später auch an meinem Arm schwingen soll, mit dem Geklimper dadrin und den Gedanken darüber … Und schon sind wir wieder da, was schon beschreiben: Wenn die Dinge miteinander sprechen … Milchstrasse 11 in Hamburg Pöseldorf.
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