Harry Belafonte starb am 25. April 2023 im Alter von 96 Jahren. Er war, genauso wie die Queen, immer da. Seine Musik tönte aus unserem Radio in der Küche, da war ich Kind. Im Wohnzimmer legte meine Mutter seine Platten auf und geriet ins abgöttische Schwärmen. Im Partykeller, wo meine Eltern Unmengen von Lufthansa-Coctails tranken, so hießen diesen komatösen Mixgetränke damals, tanzten sie ausgelassen zu seinen Songs. Belafonte sah immer unglaublich gut aus, fand ich, da war ich Teenager. Bis heute swingt man unweigerlich mit den ersten Klängen seiner Calypso Lieder. Die sozialen Netzwerke sind voll mit Nachrufen auf diesen Ausnahme Künstler und Menschen. Ich mache daraus einen Zuruf.
Wer die Zeit hat, schaut sich das ganze Video an und singt mit. Die Aufnahme stammt aus dem Benefiz-Konzert in Stockholm 1966. Die Erlöse gingen damals an seinen Freund Martin Luther King und dessen Civil Rights Movement.
Martin Luther King mit Harry Belafonte, 1965. Foto: Center for Jewish History, NYC (PD)
Damit bin ich angelangt, warum ich es einen „Zuruf“ nenne: Harry Belafonte besaß ein, nein er besaß gleich ganz viele herausragende Talente: Die Stimme, die Fähigkeit zu kommunizieren, den unglaublichen Charme … All dies setzte er ein für eine andere wichtigere Aufgabe, als einfach nur reich und berühmt zu werden. Wir sollten für uns nachdenken, was das bedeutet: unsere Talente, unsere Mission.
Marlon Brando, Charlton Heston, James Baldwin, Signey Poitier, Harry Belafonte, Civil Rights March on Washington, D.C., 1963
Er ist die wesentliche Figur neben Martin Luther King, er mobilisierte Hollywood für die Aufhebung der Rassentrennung, er beeinflusste ganze Generationen, neue Wege zu gehen, Brücken zu bauen, in Versöhnung zu denken. So eine Haltung brauchen wir mehr denn je. Deswegen: ein Zuruf auf jemanden, der immer da war, der nicht fehlen darf.
Zum Erinnern in die Zukunft liefere ich gleich den Ohrwurm mit. Singt laut (!) herein in die beiden letzten Tage im April und übt dazu dieses unglaubliche Lächeln, das das Leben umarmt.
Harry Belafonte, Mathilda, Ed Sullivan Show, 1953.
Die Bilder vom spießigen Party-Keller-Zuhause machen Platz für ein fröhliches selbstverständliches Hand-in-Hand, Black-lives-Matters. Jedes Leben ist wertvoll.
Matilda – so ist auch der zauberhafte Name meines zweiten Engelkinds, das zu früh geboren wurde, um bei uns zu bleiben. Auch wenn das ein trauriges Ereignis für uns war, können wir jetzt doch zusammen dieses kraftvolle Lied singen und dabei an unseren Engel denken, der, wenn man dem großen Bruder Frederik glauben mag, „vom Himmel auf uns runterschaut und auf uns aufpasst“.
Liebe Birgit,
wieder fantastisch geschrieben, sah auch mich sofort mit dem Cocktail im Partykeller.
Die Mission von Harry Belafonte ist aktueller denn je, der Rassismus blüht leider immer mehr auf… fast schon an der Tagesordnung hier… umso mehr, nehmen wir uns alle an die Hand und tanzen gemeinsam mit Harry in den Mai 2023…