Natürlich wird Mode überleben! Wir werden nicht nackt herumlaufen, und wir werden nach wie vor uns durch Mode definieren, im besten wie im schlechtesten Sinne als IndividualistInnen oder als Label-Victims. Trotzdem ist die Frage nach dem WIE erlaubt, und dass mit einer Dringlichkeit, wie es nur Wenige in den letzten Jahren vorausgesagt haben.
Abb: Etui Rock pink bouclé (€ 498), Ruwenzori Bluse, Wolle grün (€ 498), Wolljacke Cristaseya grün (€ 980), Gürtel Haeckel (€ 398)
Der überhitzte Markt wurde mit dem ersten Lockdown im Frühjahr von 100 auf Null heruntergesetzt. Leere Innenstädte, Manhattan mit vernagelten Schaufenstern und einer neuen Lustlosigkeit, die alle überraschte. Wir haben genug, die Kleiderschränke sind voll, in Online-Konferenzen kann man auch in Pyjamahose sitzen …
Abb: Kurze Hose Nadelstreifen (€ 398), Gürtel (€189), Cristaseya Pullover blau (€ 798), Vintage Kette Yves Saint Laurent
Barney’s pleite, Marcus Nieman pleite, Shopping Malls stornieren Bestellungen, Condé Nast legt ihre nationalen Vogue-Ausgaben zusammen. Reflexhaftes Sparen bei vollen Lagern. Wird Online das neue Allheilmittel sein? Die Zahlen sind schwer auszuwerten, bei manchen läuft es gut, bei anderen dümpelt es.
Abb: Bluse Kopernikus schwarz (€ 498), Gürtel Haeckel (€ 398), Mohair Shorts (€ 398)
Wieder gilt: Wie radikal kann ich denken. Und: Bei Sturm die Segel streichen. Das „Disruptive“ lag für uns alle schon in der Luft, mein Kollektionsthema „Kopernikus“ kam nicht von ungefähr: Wie zerlege ich die Welt, um sie wieder anders zusammenzubauen? Wie denke ich „Fashion“ neu. Zurück in die Zukunft!
Abb: Day-and-Night Pullover schwarz (€ 398), Rauten-Faltenrock (€ 498), Gürtel Vintage Yves Saint Laurent gold (€ 1.200)
Die einschlägigen Online-Dienste hämmerten täglich den Corona-Blues. Li Edelkoort meldete sich als Trend-Guru zu Wort, wieder ganz klein werden, das Handwerk fördern, nachhaltig produzieren. Dazu andere Stimmen wie die New York Times: Wir können das Rad nicht komplett zurück drehen, Technologie und globale Strukturen gehören zur Modewelt.
Abb: T-Shirt Slogan What if … (€ 89)
Mein wichtigster Spruch des Jahres kommt von der Premier Vision Paris für das Frühjahr 2021, da wusste man nicht nichts von einer Pandemie und doch hieß es: „What if the solution were to be found in Nature“. Daraus ließ ich ein Shirt produzieren und stellte zwei Kollektionen in diesen Kontext: Ernst Haeckel und Ruwenzori. Als hätte ich es irgendwie geahnt.
Und dann erinnere ich mich an meine Notizen, ziemlich genau vor einem Jahr, als ich über die Visionen von Roma e Toska grübelte. Mode als Kulturgut verstehen, so besitzt es für mich eine Relevanz für 2020 und was folgen wird.
Dazu zählt die Kunst, und dazu gehören auch die wunderbaren Lunch-Verabredungen mit Dr. Karen Michels. Wir sprachen über „Ernst Haeckel und Spinoza“, den Klecks von Leonardo da Vinci, den Unterschied zwischen Landschaft und Natur, bis hin zu der Himmelsscheibe von Nebra. Es fühlte sich einfach nur aufregend an.
Das Puzzle „Mode und Leben“ verdichtet sich, und dann wird es hoffentlich nicht mehr egal sein, was ich trage und wie ich es trage. Es gibt mir etwas, Stil und Kultur!
Mode ist immer ein Ausdruck seiner Zeit gewesen, seiner gesellschaftlichen Situation. Wie Diane Vreeland, ehemalige Chefredakteurin von Harper’s Bazar und Vogue USA in den 1960er Jahren, sagte: man kann daran erkennen, ob es Kriege geben wird oder nicht.
Abb: Oben: Roter Blazer (€ 698), Streifen-Leggings (€198) Unten: Ruwenzori Bluse grün (€ 498)
Wird man auch an der Mode erkennen, wie 2020 für uns war? Hoffentlich wird es nicht der Jogging-Anzug sein, der in die Geschichte eingeht für diese Zeit. Im besten Fall sollte es stattdessen ein klares Statement sein für eine modische Haltung, wir kleiden uns bewusster mit dem, das zu uns passt und unsere Persönlichkeit unterstreicht.
Somit blicke ich optimistisch nach vorne und danke Euch allen, die ihr Euch immer wieder ein besonderes Teil aus meiner Kollektion gegönnt habt oder auch zwei oder drei. Wichtig war mir, zu spüren, dass es nicht einfach nur eine Bluse war oder eine Hose, sondern immer ein Fünkchen mehr, genau wie für mich, mit einer Geschichte dahinter.
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