Falls alle jetzt wie wild überlegen, was an diesem Tag passiert sein mag, hier gleich die Auflösung für ein wichtiges Datum der Fashion-Welt: Coco Chanel starb heute vor 50 Jahren in ihrem Apartment im Hotel Ritz in Paris. Ihre letzten Worte: „So stirbt man also!“ Wer weiß, ob das stimmt, aber berühmte Leute treten immer mit tiefsinnigen Sätzen von der Bühne. So soll auch Goethe mit seinem letztem Atemzug gehaucht haben: „Mehr Licht“, dabei hieß es wohl nur: „Mer liecht so schlecht“ (Ich liege so schlecht).

Die FAZ schreibt ein launisches kritisches Nachwort über die Person Gabriele (Coco) Chanel. Sicherlich zu recht, ihre Kollaboration mit den Nazis, ihre Gehässigkeiten, ihre Boshaftigkeit … Alles gut recherchiert, aber es wirft eine grundsätzliche Frage auf: Was bleibt? Werk oder Mensch, oder darf man es nicht voneinander trennen? Dass Künstler und Genies oft einen schwierigen, auch schlechten Charakter besaßen, ist nichts Neues. Die meisten konnten mit ihren entfesselten Dämonen nicht gut umgehen, das wusste nicht erst Picasso.

Chanel mit dem Duke of Westminster (zwischen 1925 – 1930 fotografiert)

Nicht schönreden, aber auch nicht kaputtmachen. Coco Chanel hatte viele Freunde, große Persönlichkeiten, schillernde Naturelle, dass dazwischen auch die Falschen waren, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Ihre scharfe Zunge und ihre Wut im Alter, nun, wir kennen andere, denen es ähnlich erging, die ihre schwindenden Kräfte nicht ertragen konnten. Und wie fühlt es sich an, wenn man eine Zeit prägt und sie dann über einen hinweggeht? Man gestrig wird, wo man zuvor die Zukunft war?

Alex Katz „The Black Dress“ Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2013, bpk /Bayerische Staatsgemäldesammlung.

Was bleibt ist ihre kreative Leistung, ihr Mut anders zu denken und zu gestalten. Als ich mit Mode begann als komplette Outsiderin, Quereinsteigerin, sagte ein wichtiger Freund und Mentor einmal zu mir: Chanel muss man nicht mögen, aber man darf es lieben. Und so wurde es die wertvollste Marke der Welt, jedenfalls für einige Jahre.

Abb: Chanel Rock, Cashmere Pullover (€ 649), Stiefel Taglia Scarpe (€ 530)

Weniges hat mir gestanden. In dem berühmten Chanel-Kostüm sah ich immer irgendwie alt aus, für das kleine Schwarze fand ich mich nie filigran genug. Ich fühle mich wohler in den Kreationen ihres großen Konkurrenten Yves Saint Laurent, er war künstlerischer, freier und weltumspannender in seinen Entwürfen.

Aber er war auch jünger, sie musste erst einmal die Frauen von Korsett und Belle Epoche befreien, während er sie schon in den Hosenanzug stecken konnte. Beide waren neben Christian Dior die großen Couturiers des 20. Jahrhunderts. Das bleibt, das kann man ihr nicht nehmen.

Abb: Chanel Hose, Day-and-Night Pullover (€ 398), Vintage Schmuck Yves Saint Laurent

Chanel hat mich immer inspiriert und so trage ich stolz die wenigen Teile, die ich besitze, die Hose und ein paar Röcke, kombiniert mit dem Vintage Schmuck von Yves Saint Laurent und ein paar Versatzstücken aus meiner eigenen Kollektion.

Ups, diese Stiefel hätte sie nie verziehen, sie sind von Margiela, der etwas ganz anderes mit der Mode wollte als sie. Aber was stört es mich, ich trage Chanel und nicht Gabriele.

Titelfoto: Eine Zeichnung zeigt die Suite Coco Chanel, Süddeutsche ©Artcurial