Was für eine wunderbare Idee, die sich seit dem 29.1.2022 über Paris ausbreitet: Haute Couture Modelle von Yves Saint Laurent in sechs verschiedenen Museen der Stadt neben der Kunst, die den großen Couturier für seine Entwürfe inspirierte. Ein Konzept, das mir nicht unbekannt ist, aber das ich in dieser Einzigartigkeit noch nie gesehen habe.

Toska und ich beginnen im Centre Pompidou, 5. Stock, den Postimpressionisten bis hin zu den Zeitgenossen, und schon startet es mit einem wahren Donnerschlag: Mondrian, Matisse, Ferdinand Léger, Sonia und Robert Delaunay … daneben die Haute Couture. Es ist ein Feuerwerk der Talente, das unser vergleichendes Sehen schärft mit der Faszination für das eine wie das andere.

Erstaunlich, wie eng die Beziehung ist zwischen dem Gemälde „La Blouse roumaine“ von Matisse, 1940, und dem Modell von Yves Saint Laurent Herbst-Winter 1981.

Im nächsten Saal die Gemälde von Sonia und Robert Delaunay. Kunst und Couture addieren sich zu einem Dialog, wenn auch mit anderen Mitteln. Wir verharren ein wenig, bis die Touristen mit ihren Kameras vorbeigegangen sind, um diesen Genuss für uns allein zu kosten.

Direkt daneben Léger und Laurent (Titelbild), Picasso und Laurent, Tom Wesselmann, Ad Reinhard … Die Institution „Museum“ scheint wie aufgebrochen, wandelt sich zu einem Defilée von Malerei, Objekt und Mode mit engen Verflechtungen eines gemeinsamen Wollens von Farbe und Form. Das Sehen wird neu erfunden.

Ich kann mich nur auf wenige der Highlights beschränken, leider, sonst würde dieser Beitrag viel zu lang werden. Natürlich gehört Piet Mondrian mit seinen New York Bildern (1942–43) dazu und das berühmte Kleid von Yves Saint Laurent von 1965. Beide zu ihrer Zeit eine Revolution. Man spürt förmlich die Vibration der Großstadt.

Überall machen wir Entdeckungen, neugierig spähen wir um jede Ecke, verweilen viel länger als gedacht, weil es eben anders ist, diese Schau, die unsere Grenzen erweitert, was Kunst und was Mode sein können.

Victor Vasarely und Modelle von Yves Saint Laurent aus den 1970er Jahren.

Nächster Morgen, ich besuche allein das Musée d’Orsay, wieder auf den Spuren von Yves Saint Laurent, diesmal geht es nicht nur um eine Begegnung mit der Kunst, sondern auch mit der Poesie und der Literatur. Eine ganze Epoche steht zur Disposition.

Gezeigt wird Yves Saint Laurent und seine Bewunderung für Marcel Proust. Für den „Ball Proust“ der Rothschilds entwarf er 1971 einige der Roben und auch Herren-Anzüge für die Damen. Wieder bahnbrechend. Es ist seine Hingabe an die Belle Epoche, an Künstler wie Toulouse Lautrec und an eine Welt des Wandels, wie Yves Saint Laurent es bezeichnete.

Jane Birkin in „Proust“ Kleid, 1971

So wenig wie ich dieses Museum mag, so wenig gefällt mir die Präsentation, aber ich habe Zeit und stückele mir die Bezüge zusammen, laufe von links nach rechts am „Déjeuner sur l’Herbe“ von Manet vorbei, Rénoirs Tanzenden in den Gartencafés und den Stillleben von Cézanne.

Ein wenig fühle ich mich erinnert an Pierre Bonnard, dem die Fenster in den Museen am besten gefielen, da sie ihn wieder nach draußen in die Frische locken. Ein paar Minuten Sonne in den Tuillerien Gärten bevor das letzte Hightlight folgt: Yves Saint Laurent im Musée National Picasso-Paris.

Yves Saint Laurent zeigte 1979 seine „Hommage an Picasso and Diaghilev“ und schwärmte für das Ballet Russe. Die nächste Kollektion widmet er 1988 dem Kubismus von Picasso und Braque.

Es ist atemberaubend diese Kunstwerke der Couture neben den Kunstwerken von Picasso zu sehen. Wir haben es mit zwei Jahrhundert-Persönlichkeiten zu tun. Toska und ich sind einfach nur begeistert, wie mutig, spielerisch und wie genial.

Ein wenig erschöpft, aber erfüllt von der Kraft des Gesehenen sitzen wir bei frühlingshaften Temperaturen mit schlendernden Beinen am Ufer der Seine, den Kopf in die Sonne gerichtet. Kurz mal nichts sagen, einfach nur genießen. Paris je t’aime.

Die Ausstellungen Yves Saint Laurent aux Musées finden bis zum 18.9.2022 statt im Centre Pompidou, im Musée d’Art Moderne de Paris, Musée du Louvre, Musée d’Orsay, Musée National Picasso-Paris und im Musée de Yves Saint Laurent Paris.