Fort ist sie, die Tochter. Heute morgen nach dem Frühstück ging sie mit Koffer, prall gefüllter Tasche, noch nass die Haare mit Hut und großen Schritten Richtung Busstation, weiter zur Bahn, Hambug und dann Berlin, wo sie die nächsten Monate an ihrer Ausstellung arbeiten wird. Zwei Wochen reden, diskutieren, Arm-in-Arm am Strand, gemeinsame Essen bei Kerzenschein oder eingekuschelt im Bett für einem Film.

Austern für Toska’s Kunstprojekt in Berlin.

Wer kennt sie nicht, diese kurze unerwartete Leere, wenn ein geliebter Mensch, wenn das längst erwachsen gewordene Kind losmarschiert in einen anderen Alltag. Ein wenig in-mich-gekehrt spaziere ich Richtung Uwe Düne mit dem Blick bis zum Horizont. Die Hunde laufen vor mir her oder trödeln hinteran. Unsortiert drehen sich die Geschichten in meinem Kopf. Irgendwann summe ich ein Lied. Huch, wie überraschend. Dann singe ich lauter, bis ich die Melodie fast lachend gegen die Wellen brülle. Hey, wake up! Es gibt ja noch das Meer.

Die nackten Füße drücken sich bei jeden Schritt in den feuchten Sand. Kühl ist es geworden hier oben im Norden, als würde man den nahen Winter schon schnuppern. Noch ein Bad, ein Plausch mit einer Sylterin. Sie war gerade in New York. Ach, ja. Wir zucken ein wenig ratlos mit den Schultern. Es muss einfach gut ausgehen nächste Woche. Dann verabschieden wir uns, jede geht ihres Weges.

Jefferson, der Hairstylist, meint, ich sollte meinen Scheitel auf der anderen Seite tragen. Warum nicht. Nur der Wind wirbelt die Strähnen immer wieder durcheinander. Ob man auch anders denkt, wenn man links mit rechts vertauscht, ähnlich wie bei dem Märchen mit den Socken? – Ich bin doch abergläubisch. Ein Gedanke wischt den nächsten weg.

Ein paar schnelle Silhouetten mit dem geliebten Bleistift, der immer kürzer wird. „Wintermond“. Alles ist in Italien vorbereitet für den nächsten Druck auf Seide. Nur noch ein paar Formalien, dann beginnt das letzte Kapitel von CHILDHOOD mit den Bildern von Felix und Neo, den Jungs aus Königswinter.

Montag werden Melle und ich uns im Atelier ein weiteres Modell vornehmen. Zehn Jahre arbeiten wir nun schon zusammen. Ein Toast auf sie und ihre stille humorvolle Treue! Und dann warte ich auf die Neue, Anne, 31 Jahre alt, die Damenschneiderin und Meisterin, meine Wunschkandidatin für eine neue Couture-Linie.

Das CHILDHOOD TAGEBUCH ist in Vorbereitung. Josef Kleinheinrich aus Münster wird es verlegen. Er ist bekannt für seine wunderschönen bibliophilen Bücher. Meine Skizzenbücher sind schon bei ihm und auch dieses hier schicke ich Montag, damit die fehlende Doppelseite daraus fotografiert wird. Das Buch wird vor Weihnachten erscheinen. Viel ist zu tun, ich muss mich sortieren, die Tage nicht einfach so verstreichen lassen.

Heute noch einmal tief durchatmen, kurz an nichts denken, nur spüren, wie die salzige kühle Luft durch die Lungen dringt, die Füße fühlen, wie sie langsam vor Kälte schmerzen, die Hände dabei tief in den Taschen versenkt. Ich sollte mir bald eine lange Hose anziehen. Aber erst einmal geht es morgen früh für die nächsten 10 Tage nach Hamburg.

Verkaufsoffenen Sonntag (13 – 18 Uhr) und anschließend It’s a Dienstag mit Nicole Franken über Architektur und Mode. Sehen wir uns?! Ich habe ein paar besondere Dinge im Gepäck.