Wie oft habe ich in den letzten Wochen schon angekündigt, dass ich eine kleine Rezension über das Buch schreiben werde, das überall und ständig neben mir liegt (Bett, Schreibtisch, Sessel …), das in unzählige Taschen gestopft wurde, um mit mir im Zug von A nach B zu reisen, wie man früher eine Bibel mit sich trug, jedoch weniger erbaulich zu lesen, „full of regret and new will“, wie es in einem Kommentar heißt: „The Uninhabitable Earth. A Story of the Future“ von David Wallace-Wels, 2019 erschienen und damit brandaktuell. 

The uninhabitable Earth

Es besitzt Schmutzstellen und Knicke, Markierungen mit dem Bleistift und diverse Eselsohren, wo ich schon mal aufgehört habe zu lesen. Selten habe ich ein Buch vor mir gehabt, bei dem ich ständig von hinten nach vorne blättere, an unterschiedlichen Stelle ansetze und das Gelesene nicht wirklich realisiere, weil die Fakten, Zahlen und Szenarien so unglaublich sind. „It is worse, much worse, than you think. The slowness of climate change is a fairy tale, …“. Gleich die erste Seite ist ein Hammer, den man erst einmal verdauen muss bzw. irgendwie nicht kann, weil er quer in der Kehle steckt. Wenige Sätze weiter unten heißt es weiter: „The earth has experienced five mass extinctions before the one we are living through now, each so complete a wiping of the fossil record that it functioned as an evolutionary reset, …“.

The Uninhabitable Earth

86% aller Lebewesen starben vor 450 Millionen Jahren, 75% wurden 70 Millionen Jahre danach ausradiert, 96% wiederum 125 Millionen Jahre später, 80% verschwanden 50 Millionen Jahre danach, und zum Schluß vor etwa 65 Millionen Jahren waren es 75% aller Spezies, die vernichtet wurden. Nur ein einziges Mal (!), als die Dinosaurier starben, war der Grund dafür ein Meteorit, der auf die Erde fiel. Allen anderen Artensterben lag der Treibhaus Effekt mit einer Erderwärmung von mehreren Grad Celsius zugrunde. Und in einer ähnlichen Situation befinden wir uns jetzt.

The Uninhabitable Earth

Die nächste Ohrfeige an uns Menschen kommt gleich auf der zweiten Seite: Es ist die Geschichte EINER Generation von einem relativ stabilen Erddasein zum Rand einer Katastrophe. „Which means that, if the planet was brought to the brink of climate catastrophe within the lifetime of a single generation, the responsability to avoid it belongs with a single generation, too. We also know that second lifetime. It is ours.“

The uninhabitable Earth

Würde ich dieses Buch kaufen, um es meinen Kindern in die Hand zu drücken? Nein, würde ich nicht, denn sie sind die Betroffenen, wenn 2050 die erste große Zäsur für massive Auswirkungen von klimatischen Veränderungen angesetzt wird. Dann sind Roma und Toska ungefähr so alt, wie ich jetzt bin. – Allerdings würde ich die Lektüre weiter bei mir tragen, um hin-und-her zu blättern und wieder und wieder zu lesen, als Aufforderung zu agieren, damit meine Töchter in einer Welt leben können, wie ich sie liebe.

The uninhabitable Earth

David Wallace-Wells schreibt für das New York Magazin. Im Juli 2017 erschien sein Artikel über die worst-case Szenarios der Erderwärmung und wurde sofort eine journalistische Sensation mit Millionen von Lesern, die meistgelesene Geschichte, die die Zeitung jemals publiziert hatte.