Wann haben wir schon mal Zeit, einfach so im Büchergeschäft abzuhängen, rumzustöbern, sich von Cover zu Cover leiten und verleiten zu lassen, hier mal etwas aufschlagen, kurz lesen und zurückstellen, die Rückseiten überfliegen, ein paar Bilder umblättern? Wie wunderbar, es kehrt Ruhe ein, innere Ruhe, und die Phantasie wird leise angetippt, ganz heimlich wie der Appetit beim Duft von einem Kuchen im Backofen. Hhhmh.
Überredet! Toska nahm mich gestern in Hamburg mit zu Sautter und Lackmann in der Admiralitätsstrasse, eine alte eingeführte Adresse für hohe Regale mit neuen und alten Schätzen über Kunst, Architektur, Philosophie … Eben für all das, was das Auge und den ewig hungrigen Geist erfreut.
Eine Stunde in einem schönen dichtsortierten Buchgeschäft ist ein Erlebnis wie es der schnelle Amazon-Click nicht bieten kann. Ich muss an einen Artikel über das Verschwinden der Enzyklopädien denken, die unsere Wände so humanistisch gebildet dekorierten und schon seit langem Google und Wikipedia weichen mussten. Sollte man noch eines dieser Vielfachbände besitzen, so ist es ein ähnlicher Genuss wie im Bücherladen: Man stöbert, stolpert über den Begriff direkt über dem gesuchten, lässt sich treiben durch die Aaaas und Bbbbs … So könnte ein ganzer Nachmittag vergehen. Wie wäre es, sich zu verabreden, um gemeinsam das „Q“ zu lesen, an einem Regennachmittag, an dem nichts los ist, außer, dass wir unsortiert unsere Welt neu entdecken. Ihr seht, ich bin schon ganz versunken in den geistigen Schlangenlinien wie zwischen den schmalen Gängen des Bookstores.
Gestern hätte ich ganze Stapel raustragen können, aber ich bin on the road und so wurde es nur ein kleines Büchlein, über das ich laut in dem sonst stillen distinguierten Geschäft lachen musste, so dass auch die Dame an der Kasse mitlachte und der bibliophile Herr, der sonst immer ein wenig grimmig hinter seinem Computer sitzt, ja selbst der konnte nicht verhindern zu lächeln.
Fast Perfekt. Die Kunst hemmungslos zu scheitern. Das Cover ist falsch herum gebunden, … Denke dabei an meine Doktorarbeit, in der schon auf dem Deckplatt ein dicker Fehler prangerte. Herrlich, ich bin eine Weltmeisterin im „Fehler machen“, wie Toska mich einmal beschrieb. Danke schön. mag nicht ganz falsch sein. Aber genauso gebührt mir die Medaille im ideenreichen Krisenmanagement.
Unter meinem Schreibtisch im Kapitänshaus liegen zwei Ausstellungskataloge, damit er nicht kippelt. … Könnte es auch mal mit einer versteinerten Zitrone versuchen. Wär eine Option.
Mittlerweile sitze ich wieder im Zug auf die Insel, schlage spontan eine neue Seite in meiner neuen Looser-Bibel auf. Kein Kommentar, ich muss lachen, während die Landschaft vorbei fliegt.
Buchtip: Erik Kessels. Fast Perfekt. Dumont, 2016. Englischer Originaltitel: Failed it! How to turn mistakes into ideas and other advice for successfully screwing up.
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