Die Leute um mich herum beginnen zu fragen: Was ist denn Dein schönstes Erlebnis in Peru gewesen? Ich kann es nicht sagen, alles war außergewöhnlich, jedes besaß seine Besonderheit, und dazu gehört auch dieser Tag, von dem ich heute berichten werde: Ein Spaziergang durch Lima mit einer betörenden Unbeschwertheit. Sonnig und strahlend Blau der Himmel, wo sonst oft ein dünner Nebel vom Meer die Stadt bedeckt. Es sind angenehme 22°C mit einer leichten Brise. Geplant war ein klassisches Sightseeing der Innenstadt, die seit 1991 zum Unesco Kulturerbe gehört. Aber es sollte ganz anders werden.

Wie beinahe die gesamte Reise über muss ich mir keine Gedanken machen, wie ich von A nach B komme. Ein Fahrer wartet unten vor der Tür im Stadtteil San Isidro, wo Anita wohnt, um mich die ca. acht Kilometer ins Zentrum zu fahren zum Ministry of Foreign Affairs, verantwortlich für internationale Kooperationen. Nun weiß ich endlich, dass sie die großzügigen Gönner meiner Einladung sind. Und umgekehrt arbeite ich schon fleißig an meinem neuen peruanischen Netzwerk.


Das Ministerium ist in dem wunderschönen Torre Tagle Palast beheimatet, der im spanischen Barock Anfang des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Ich erhalte eine kleine Führung von Lilliana, der Ministerin für Kultur, die mich durch die Räume führt, in denen internationale Verträge unterzeichnet werden, Sekretärinnen wappenverzierte Einladungen an die Präsident*innen und Attachés der verschiedenen Ländern verschicken …


Die Büros gehen ineinander über und öffnen sich zu luftigen Innenhöfen. Es herrscht eine gutgelaunte entspannte Emsigkeit. Freundlich grüße ich zu allen Seiten in meiner roten Pollera, der weißen Komono-Bluse mit dem Kindermond-Tuch um den Hals und ernte ein Lächeln, als würden sie sagen: Da ist sie also, die Designerin aus Alemania, die eine Kollektion über unser Land machen möchte.

Anschließend schlendern wir zu dritt durch die Straßen. Brigitte hat sich zu uns gesellt, die Chauffeurin von Anita. Sie spricht fließend französisch und wird für die nächsten Stunden mein wunderbarer Guide sein.

Lima wurde 1532 von den Spaniern gegründet. Seine geographische Lage direkt am Meer machte es schnell zum Zentrum des spanischen Vizekönigreich Peru mit seinem riesigen Handelsnetz nach Amerika, Europa und Ostasien. Vor uns der Platz mit dem Palast, dem Sitz des Bischofs, der Kathedrale. Prächtig und großzügig in seiner Anlage.


Zum Mittagessen gibt es das berühmte Pollo a la brasa, das gegrillte Huhn, so köstlich, wie ich es noch nie gegessen habe, so zart, frisch und saftig, dazu verschiedene Kartoffeln, von denen es in Peru über 3.000 Sorten gibt. Ich schwärme. Mein Restaurant-Tipp: Villa Chicken.


Dann muss Liliana eilig in ihr Büro zurück, und Brigitte und ich überlegen, wohin es uns treibt. Wie wären die “verrückten” Viertel, “les fous”, dorthin, wo sonst die Touristen nicht gehen? Es fühlt sich ein wenig diebisch frech an, so als würden wir die ernsten Sightseeing Pflichten nicht erfüllen. Gefällt mir.


Unbedingt möchte ich dorthin, meine Polaroid-Kamera in der Hand, die bequemen Boots an den Füßen und Brigitte an meiner Seite, die aufpasst, dass ich nicht unter die Räder komme. Hupen, Auspuffgase, Menschengetümmel.


Genießerisch inhaliere ich dieses pulsierende und vitale Lima, die einfachen Leute, wie sie ihr Handwerk ausführen, ihre Verkäufe tätigen und dazwischen immer wieder die Sehenswürdigkeiten der Jahrhunderte.


Brigitte erzählt von sich, wie sie ihren Mann in Frankreich kennenlernte und nun mit ihm und den zwei Kindern in Peru lebt. Schlafwandlerisch folge ich ihr durch das Getümmel, den hupenden Autos, durch die Straßen mit den kleinen Geschäften.


Wir schlendern an Kirchen vorbei, gehen in Ausstellungsräume, Bibliothek, alter Bahnhof. Lachend sage ich: aber nur dorthin, wo es nichts kostet. Ich höre zu, was sie erzählt, aber in erster Linie sauge ich auf, was sich mir an Formen und Farben, an Ornament, Licht und Schatten zeigt. Lima, emotional, innig, fremd und vertraut.


Es fühlt sich an, als wären wir Freundinnen, die sich auf einen Bummel verabredet haben. Und irgendein Gott der Sprachen hat mir den Funken eingehaucht, dass ich plötzlich fließend Französisch sprechen kann. Merci, gracias!


Die Mega-City, die einem Angst machen könnte, hat sich mir von ihrer menschlichen Seite gezeigt, hat sich geöffnet für die vielen kleinen Existenzen, die neben den Momunenten der Geschichte ihren Alltag leben. Eine Begegnung, die mich erfüllt und unvergesslich ist. Ich komme gewiss wieder.
-
KINDERMOND STOLA, MULTI
€398,00 inkl. Mwst. -
KIMONO KURZARM BLUSE, WEISS
€398,00 inkl. Mwst.



