Wer vor einer Woche über unsere Silberhochzeit gelesen hat, der weiß, dass nun der Grund für die Eheschließung ansteht: Roma. Vor 25 Jahren morgens angekündigt, abends auf die Welt gekommen. Nachdem ich mehrfach vom Klink-Bett gehüpft bin, damit es endlich losgeht und sie irgendwie doch nicht geboren werden wollte, wahrscheinlich weil sie wusste, da geht es im Leben nie wieder rein, in diese warme wohlige Ursuppe in Mami’s Bauch. Pech, wir können darüber immer noch herzlich scherzen.

Roma

Sie sollte Venice heißen, was ich mir als Schwangere nicht merken konnte, ist ja auch viel zu kompliziert für eine junge Frau, die im Hormonwandel steckt. Also fragte ich immer: War es „Florence“? – Nein, dieser Name verband sich mit irgendeiner unglücklichen Liebschaft meines Mannes, „Venice“ dagegen mit schönen Erinnerung an die Lagunenstadt. So vergingen darüber Woche für Woche, Monat für Monat bis kurz vor der Geburt, als mein Mann die Reißleine zog und kurz und knapp sagte: Sie heißt jetzt ROMA! Und so eine ist sie geworden mit vier klaren souveränen Buchstaben, zwei Vokalen, zwei Konsonanten, die in ihrer Umkehrung AMOR bedeuten.

Roma

Roma wurde mit einer alten Seele geboren und sieht doch so kindlich aus, dass ich sie manchmal im Zug auf meiner BahnCard als Freifahrerin unter 14 Jahre durchschummel. Pst, nicht verraten. Wir beide begegnen uns als schräge Denkerinnen, die am Strand innig verbunden entlang laufen und diskutieren, welche Musik zu meiner Beerdigung gespielt werden sollte. Und dann sitzen wir im Strandkorb und lachen und weinen ein bißchen über die unendliche Endlichkeit des Lebens.

Roma

Eines meiner Lieblingsfotoshootings mit ihr: „Too much ist not enough“ mit all den Yves Saint Laurent Ketten um den Hals, dem Tütü Rock und den ausgelatschten Prada Boots. Very much Roma, very much ich. Es geht noch immer ein wenig oben drauf und dem Leben wird noch ein bisschen mehr crazyness abgerungen. Nur so, weil es dazu gehört.

Roma

Als kleines Mädchen trug sie meine ersten Modelle alle übereinander und erklärte mir, dass jedes Kind selbst entscheiden soll, was und wie es etwas trägt. Richtig so. Sie hat es durchgezogen in der Schule, als alle dachten, sie wäre eine Durchgeknallte und der Lehrer mich einbestellte, damit ich den Dress-Code meiner Tochter revidiere. Habe ich nicht gemacht. Roma bleibt Roma und wurde damit zur Inspiration von Roma e Toska, und wie man anders sein darf!

Roma

Heute lebt sie in Toulouse, der Stadt ihres Herzens. Überlegt, ob sie zusätzlich die französische Staatsbürgerschaft annimmt. Studiert Philosophie, schreibt ihren Master über „William James and the will to believe“. Sie ist meine mittlerweile kultige Referentin für „Töchter erklären Müttern die Welt“ mit Beiträgen über Wittgenstein, Camus, Leibniz und Voltaire …

Roma

In wenigen Tagen trifft sie hier auf der Insel ein, die Haare rot oder lila oder vielleicht weiß gefärbt? Sie ist für jede Überraschung gut und dann schlüpft sie in die neue Kollektion und wird mein stürmisch-bockiges Role-Model für unser Label und den Bohemien-chic.

Roma