Der Mord an dem italienischen Filmemacher, Tabu-Brecher, Philosophen und Autor Pier Paolo Pasolini am 2 November 1975 wurde nie aufgeklärt. Damit ist die richtige Stimmung geschaffen, für die Unterhaltung zu dem neuen Krimi „Schattenkiller“, der in den Gassen Roms spielt. Die Kulturjournalistin Christiane von Korff speist an der Seite des Autoren Mirko Zilahy in Pasolini’s Lieblingsrestaurant … Hier die Fortsetzung ihrer Geschichte:

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Pier Paolo Pasolini

Im Labyrinth der römischen Gassen

Von Christiane von Korff

Bisher hat mir Mirko Zilahy sein Rom gezeigt: Ein Rom, das man nicht von Postkarten kennt. Nach Ostiense, dem Viertel mit beeindruckender Industriearchitektur, hat es auch Pasolini gezogen. Wir sitzen im «Biondo Tevere«, dem Lieblingsrestaurant des großen Filmemachers am Ufer des Tibers. Das sieht noch so aus wie in den 1960ern und es würde mich nicht wundern, wenn Pasolini, der in jener Zeit mit seinen radikalen Filmen gesellschaftliche Kontroversen ausgelöst hat, gleich zur Tür hereinspazieren würde. Marko bestellt Pasta „Cacio e Pepe“, Spaghetti mit Käse und Pfeffer – ein klassisches Gericht der Römischen Küche.

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Wir fahren auf die andere Seite des Tibers, parken das Auto in der Nähe des Largo di Torre Argentina, um uns in das Gewirr der Gassen zu stürzen. Bei seiner Jagd nach dem «Schattenkiller« werden für Commissario Mancini die Gassen der römischen Altstadt zu einem Labyrinth aus dem er mitunter nicht herausfindet.

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Foto Rom von oben mit Pantheon

Wir folgen seinen Spuren. In der Nähe der Basilika Santa Maria sopra Minerva,  befragt Manchini einen Zeugen. Im angrenzenden Dominikanerkloster, erzählt mir der Autor, befand sich der Sitz der Heiligen Inquisition, wo Galilei 1633 seinen Thesen zur Astronomie abgeschworen hat.

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Gegenüber steht ein ägyptischer Obelisk – auf dem Rücken des berühmten Bernini Elefanten. Wir gehen in Richtung Piazza Navone…

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…und passieren den Pasquino, die letzte sogenannte sprechende Statue, an welche die Römer auch heute noch Zettel mit kritischen Bemerkungen über Politiker hängen.

Im kleinen, feinen Caffè Olivieri serviert uns Gianni einen Espresso. Er spricht bayerisch, denn er ist in Sonthofen geboren, doch nach dem Abitur hat es auch ihn nach Rom gezogen.

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Was fasziniert Mirko Zilahy an der Ewigen Stadt? „Rom“, sagt Mirko, „ist für mich, was für James Joyce Dublin ist: Der Nabel der Welt.“  Die erste Idee zu seinem Roman Ulysses sei dem irischen Dichter übrigens nicht in Dublin, sondern in Rom gekommen, wo er Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts gelebt hat. Mirko ist bekennender Joyce Fan, es gibt so manche Anspielung auf Ulysses in seinem literarischen Thriller.

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Zilahy hat selbst in Dublin als Dozent an der Universität italienische Literatur gelehrt. Dadurch, sagt er,  habe er einen anderen Blickwinkel auf seine Heimatstadt bekommen. Als er mit dem Schreiben seines Romans begann, wusste er, dass Rom in seinem Buch ein anderes sein musste, als das „monumentale, stereotype“ Rom, was jeder kennt: „Das Setting für meinen Thriller sollte so ähnlich sein, wie die etwas düstere Atmosphäre am Ende des 19. Jahrhunderts in London, Edinburgh oder Dublin.“

Interessant, denke ich. Auf diese Idee kann nur ein gebürtiger Römer kommen. Andere berühmte Künstler hat diese Stadt angezogen, weil sie dem dunklen Norden entfliehen wollten – mit einem großen Verlangen nach dem Licht des Südens und dem Dolce Vita. Das hat auch Goethe genossen. „Die Hauptstadt der Welt“ nennt Goethe Rom. Für mich ist sie die schönste aller Städte. Mit Mirko Zilahy kann man sie auf ganz neue Weise erleben –  mit dem Blick eines Schriftstellers, der es versteht, seine Leser zu fesseln. Die nächsten zwei Bücher mit Commissario Manchini hat der Autor schon im Kopf. Jetzt gilt es nur noch, sie zu schreiben. Ich freue mich schon auf die Lektüre.

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Christiane von Korff ist Kulturreporterin und Autorin für Spiegel Wissen, stern, die Zeit. Ihr Markenzeichen sind Porträts und Gespräche mit Persönlichkeiten aus Kultur und Literatur. Gemeinsam mit Avi Primor schrieb sie das Buch „An allem sind die Juden und die Radfahrer schuld. Deutsch-jüdische Missverständnisse“.