Schon jetzt möchte ich Euch einen IT’S A DIENSTAG im Feburar ankündigen, damit Ihr das Datum im Kalender eintragen könnt. Mein Talkgast ist die Künstlerin Nele Budelmann. Dazu räumen wir einen Großteil der Poolstrasse aus, um ihre Kimono-Objekte zu zeigen. Ein aufregendes Projekt, für das ich Euch in eine Wunderkammer entführe.

IT’S A DIENSTAG, 18.2.2025

Nele Budelmann. Kimonos

Unsere erste Verabredung ist in ihrem Atelier auf der Veddel. In diesem Stadtteil war ich noch nie. Dunkel ist es, ungemütlich feucht und kalt. Ein hoher Anteil von Ausländern lebt hier, fährt mit mir erst in der Bahn, dann im Bus. Müde sehen sie aus, fahl und gebeugt vom Alltag. Den Rest des Weges gehe ich im spärlichen Licht der Straßenlaternen über Pfützen und aufgebrochenen Asphalt.

Dann stehe ich vor der Tür. Keine Ahnung, was mich erwarten wird. Es öffnet sich eine Zauberwelt, beleuchtet von ein paar Glühbirnen und Kerzen. Ein Gesamtkunstwerk. Sofort fühle ich mich an Toskas Urgroßtante Hannka Rechowicz in Warschau erinnert. Die Atmosphäre ist mir vertraut, auch wenn es noch so bizarr erscheint.

Die Wände sind mit Ikonen bemalt, auch das hat die ehemalige Büttner-Schülerin studiert. Die Holzrahmen sind mit Hammerschlägen bearbeitet. Überall liegt etwas, das nur scheinbar nach Unordnung aussieht. Jedes Detail erzählt eine fragil poetische Geschichte.

Ich frage sie, ob ich Fotos machen darf. „Na klar“, antworte sie aus der Küche, wo sie gerade umständlich das Wasser heiß macht. Ich empfehle ihr einen Wasserkocher. „Nein, sie möchte es so“, ihr Antwort. Ich schweige, genau wie ich es von Großvaters Schattenwelten gelernt habe und lasse meine Augen wandern, tauche ein in eine andere, in ihre Welt.

Sorgfältig liegen die Leinen-Objekte gefaltet übereinander. Die Nähte sind mit der Hand gestickt, Perlen aus alten Ketten verstecken sich darin. Es sind Spuren und Fährten, denen ich folgen darf.

Wir verlieren keine Zeit mit überflüssigem Small-Talk. Sie zeigt mir ihre Kimonos aus zerschnittenen Leinwänden und Bildern. Wir trinken unseren Tee. Wir reden wenig. Die Stille zwischen uns ist angenehm, ich brauche sie, um alles um mich herum zu atmen.

Ein paar Wochen später treffen wir uns in St. Pauli in einer Nebenstraße hinter der Reeperbahn. Hier hat sie ihr zweites Atelier. Wieder nieselt es. Ich warte vor der Tür, sie hört oben mein Klingeln nicht.

Auch diesmal ist es der Weg, der mich in die Stimmung bringt für die nächste Wunderkammer. Etwas verfroren lande ich endlich oben bei ihr in der Wohnung mit einem Vorwurf in der Stimme, der jedoch sofort verstummt angesichts der Flut von Eindrücken, die mich schier überwältigt. Zwischen den Ikonen-Bildern und Skizzen hängt das Gemälde von dem Haus ihrer Familie mütterlicherseits in Frankfurt.

Im nächsten Raum, den wir erst betreten können als wir den behäbigen Schrank wegschieben, befindet sich das Porträt eines ihrer Ururur…-Vorfahren, der ebenfalls Künstler war. Verblüffend diese Ähnlichkeit, die gleiche hohe Stirn, die gleichen „Eichhörnchen“-Augen, wie sie sagt.

Wieder trinken wir Tee. Wieder zeigt sie mir ihre Arbeiten, die sorgfältig übereinander auf dem Bett liegen. Wieder sage ich wenig, nehme einfach alles auf und versuche nichts zu vergessen. Jedes Detail verlangt danach, mit den Blicken darauf zu verweilen.

Zwischen den Kimonos gibt es die „Pakistanischen Gebirgsjacken“ mit den aufgestickten Landschaften und Splittern von zerbrochenen Spiegeln. Anschließend zeigt sie mir die dünnen Leinenhemden, die unter den Kimonos getragen werden.

So viele Reisen kann man gar nicht auf einmal begehen, wie sich hier andeuten. Vergessen ist die harte grelle Welt da draußen. Raum und Zeit besitzen etwas Schwebendes mit Stoffen, Malereien, Stickereien und gefundenen Objekten.

Nun beginnt unser herausforderndes Experiment, diese Objekte aus ihrem Kontext zu lösen, um sie in der Poolstrasse zu zeigen. Ein Museum als Ausstellungsort wäre einfach, eine Ruine, „abandoned places“ wären ideal, eine Kapelle, eine Kirche angemessen … Alles wäre leichter als unsere Umgebung zwischen Mode, Büchern und Accessoires.

Aber (!) warum nicht erneut den großen Bogen schlagen, die Farben reduzieren, den Raum neutralisieren. Parallel werde ich erste Nessel-Modelle der neuen Kollektion zeigen sowie weiße Blusen mit Versatzstücken aus Nele Budelmanns Bildern: „Der König schläft und Manschetten“.

Voranmeldung zum 18.2.2025, ab ca. 17.30 Uhr (Talk ab 18:30 Uhr): info@romaetoska.de