„Maikäfer flieg // Der Vater ist im Krieg // Die Mutter ist in Pommerland // Und Pommerland ist abgebrannt // Maikäfer flieg …“ – Als ich heute morgen aufwachte, musste ich an das alte Kinder- und Volkslied denken, das wir früher sangen, wenn wir Maikäfer aus den Büschen sammelten. Irgendwie verband sich dieses Lied für mich immer mit meinem Vater, für den Himmelfahrt ein Festtag war, ein Tag, reserviert nur für ihn, den ‚Außenseiter‘ zwischen all den Frauen in der Familie: die Mutter, die Schwestern, die Ehefrau und die Töchter. Dann zog mein Vater seine weiße Mai-Hose an und setzte sich neben das Ruder von unserem Segelboot. Auf nach Helgoland und wieder Junge sein. Im Radio sang Freddy Quinn oder so etwas Ähnliches, der Junge, der auszog und nie wieder kam. Maikäfer flieg!
Was für ein Leben, 1936 geboren, der Krieg raubte ihm die Kindheit, die spießigen Nachkriegsjahre, dann viel zu früh Vater-Sein, Schrankwand, Ford Granada, erster Farbfernseher, Streit, und am Wochenende auf’s Wasser – segeln.
Es ist Himmelfahrt und Vatertag, wer auch immer erfand, dass beide Tage zusammenfallen sollten. Mein Vater ist im Himmel. Eine Freundin schickte mir das Bild von ihrem Maikäfer im Garten. Und der Krieg? Vorgestern war der 8. Mai, Kapitulation Deutschlands 1945. – Spiegel Online bringt heute als erstes die Bombardements in Syrien. Man ist besorgt, ich bin besorgt … und der Himmel ist blau …. Nur, dass es nicht mehr so viele Maikäfer gibt.
Maikäfer, Maria Sibylla Merian (1647 – 1717)
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