30 Jahre sind wir auf den Tag genau verheiratet mit guten wie schlechten Zeiten, so wie es sich gehört in einer Ehe. Geheiratet haben wir heimlich ohne den ganzen Rummel von endlos spießigen Reden, glückseligem Lächeln der Eltern, dass die Tochter nun endlich unter die Haube gekommen ist, Hausfrauen-Weissagungen und gutgemeinten Ratschlägen. Ich war damals so drauf, dass mich das alles annervte.

Hochschwanger mit dickem Bauch stand ich neben meinem zukünftigen Mann in dem hässlichen Standesamt Hamburg-Grindelhof, neben uns die Trauzeugen, die sich noch am selbigen Tag ineinander verliebten. Der Standesbeamte meinte mit süffisantem Grinsen, er müsse sich wohl beeilen, sonst käme das Baby in seinen Räumen auf die Welt. Witzbold. Roma sollte noch eine Woche warten.

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Auch wenn meine Strandspaziergängerin meint, die Ehe sei überholt, wollte ich unbedingt heiraten, die Identität ändern mit neuem Namen, selbst wenn er sich schwer aussprechen lässt („Tischkíewitsch“). So viele Anfänge, so viel Bohemian Lifestyle. Alle zwei Jahre zogen wir um, weil es uns so gefiel. Bücher, Matratze, Bilder, Maxi-Kosi und Kinderbett. Man muss die kleine Kemenate genauso können wie das riesige Schloss. In guten wie in schlechten Zeiten.

Herrenhaus, Elbschlößchen, Loft ohne Heizung mit kaputten Fensterscheiben, geklauter Tannenbaum und Wollmütze in der Nacht. Herrlich. Briefe und Postkarten, abgelöste Wein-Etiketten auf Umschlängen, Essen bei Maxíms, Frühstück mit selbstgebackenen Brötchen, Spaghetti al buro.

Yves Saint Laurent Kette/Gürtel (1.100) und Anhänger/Brosche (€ 850)

Geschirr flog durch die Luft und einmal auch ein tiefgekühlter Truthahn. Wer sagt, eine Ehe sei leicht, der hat keine Ahnung, lügt oder gehört zu den großen Ausnahmen. Eine Partnerschaft ist ein Versprechen, für das Beide immer wieder nach Kompromissen suchen müssen, liebevoll sich nähern und trotzdem die eigene Unabhängigkeit pflegen.

Seite an Seite mit ganz viel Raum dazwischen, so funktioniert es mit uns starken Charakteren und als Familie. Mit 19 Jahren Unterschied durchlebten wir alle möglichen Veränderungen. Altern und Jungbleiben ist im ständigen Wandel. Als wir heirateten waren wir nicht die Gleichen wie heute. Trotzdem gibt es ein Gefühl von Zugehörigkeit, Respekt und Vertrauen, das uns zu dem werden ließ, die wir sind.

Melamin Geschirr. Kann man runterschmeißen (maison f.)

Vieles lässt sich mit Humor wieder geradebiegen, verzeihen, und am Ende lache ich mich tot, weil es irgendwie urkomisch ist. (Mein Mann schweigt.) Und so werden aus schlechten Zeiten wieder gute Zeiten, vollgestopft mit außergewöhnlichen Momenten, die es in einer „normalen“ Ehe nicht gibt. Beim Frühstück grinsen wir uns an und versichern uns gegenseitig: Wir sind stolz auf 30 gemeinsame Jahre.