Unser Geschäftsjahr ist soeben mit dem 31. August zu Ende gegangen: Inventur, Business Plan überarbeiten, Budgets festlegen … Zahlen, Listen, Excel Tabellen … Eine Freundin und damalige Einkäuferin von GUM in Moskau sagte einmal sehr richtig zu mir: ‚Im Fashion Business arbeiten, heißt mit Zahlen umgehen zu können.‘ Und dann kommen ab nächster Woche wieder junge Praktikantinnen und warten mit großen Augen darauf, dass ich mir meinen Stift und mein Skizzenbuch vornehme, um zu entwerfen. Nein, so funktioniert es nicht, es sei denn man ist Karl Lagerfeld – aber der zeichnet auch nachts. Meine Kollektionen entstehen leise im Kopf, morgens, mittags, abends, spät. Und dann kritzle ich sie schnell ins Skizzenbuch, auf die Zeitung oder auf die Rückseite des Zugtickets. Schade für die Praktikantinnen, aber „Fashion ist kein Ponyhof“, sondern eben minutiöses Zahlengeschiebe: kann ich mir den Stoff noch leisten, oder bin ich „overbudget“. Hat sich der Lagerbestand auf ein verkaufsförderndes „zu wenig“ eingependelt? Gibt es noch genügend Knöpfe für die neuen Blusen oder stoppt nächste Woche alles in der Produktion? Die Hangtags müssen gestaltet werden, die Labels brauchen das neue Logo, die Abrechnung für die Fremdware steht noch aus. „Retail is Detail“, brachte es ein Berater auf den Punkt, und alle Stränge müssen verantwortungsvoll zusammenlaufen – meist noch bei mir, das muss sich ändern ab nächster Woche mit aufgestocktem Team. Ich spiele solange weiter Madame Excel, ordne die Zahlen, vergleiche zum Vorjahr (wow, das sieht gut aus) und plane nach vorne.
Wir haben wirklich viel vor in den nächsten Monaten. Dazwischen die neuen Editions-Themen, das Flugticket nach Paris und die Überarbeitung von Blazer.43.1 (ein wunderschönes Teil, hängt als Proto schon über meinem Schreibtisch-Stuhl).
Ich denke an meine Freundin, die mit Anfang 50 sich gerade ein Pony kauft und ihr Glück auf dem Rücken der Pferde findet. Noch zwei Tage Sylt, baden im Regen und herbstliche Outfits für die Kundinnen, dann im Zug die nächsten Excels und Skizzen und Notizen. Ready to go ins nächste Geschäftsjahr 2016/17.
Reiten ist keine Option, ich liebe, was ich tue. Komplexität und Druck gehören dazu – anders geht’s wohl nicht. (Kommen die Falten daher oder wären es ohne diesen Stress noch mehr Falten? Ich schau einfach nicht in den Spiegel, habe sowieso dafür keine Zeit. Fühle mich jung, dynamisch, mit dem unbeirrbaren Ziel etwas zu bewegen.)
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