Jetzt auch noch das, könnte man meinen, nachdem doch so viel in den letzten, gefühlt Tagen, wenn auch eher Wochen und Monaten, auseinanderfiel. „Luxury is broken“, titelte die Business of Fashion (BOF) gestern Morgen. Schlechter Moment, die Fashion Weeks geben sich weltweit gerade das Staffelholz in die Hand: Mailand, Paris, New York, London. Es soll doch bitte so aussehen, als wäre hier trotz des störenden „Ungemachs“ von Politik, Klima, Krieg und Wetter (Schneesturm in New York) alles ok.
Aber es dreht sich nicht nur das übliche Karussell, sondern neuerdings auch die Sessel der Chefdesigner*innen, die zum Schleudersitz mutieren. Bei Gucci wird wieder gewechselt, bei Ferragamo entlassen oder verlassen (wer weiß das schon so genau), bei Jil Sander wird gar nicht erst angetreten. Und selbst lange Weggefährt*innen bei Dior, Prada und sonstwo schmeißen das Handtuch oder es wird ihnen hinterhergeschmissen. Unruhe und Aufruhr hinter den Kulissen des schönen Scheins. Vergangen sind die Zeiten von König Karl und Mademoiselle Coco. Wir wissen ja, Mode, insbesondere die Couture, sind ein Indikator für vieles.
Woran liegt es nun? Das Forbes Magazine hatte 2024 Bernard Arnault, den Besitzer von LVMH, dem größten Fashion-Konglumerat, zum reichsten Mann der Welt gekührt, noch vor Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg. Kann sein, dass im Januar/Februar 2025 kräftig neu gemischt wurde und dadurch etwas Nervosität entstand. Denn eines ist entscheidend, womit wir uns dem Titel-Problem nähern: Nicht die Kreativität steht im Vordergrund, sondern nach wie vor die Gewinn-Optimierung. Mein Großvater hätte gesagt: „Die da oben kriegen den Hals nicht voll.“
Loewe Cotton Hose, privat. Ugg Boots
Aber die Konsument*innen sind nicht doof. Man kann sie eine Weile an der Nase herumführen, vielleicht. Ihnen vormachen, dass das Logo obendrauf das Wichtigste sei, aber, wenn es plötzlich an Sorgfalt und Qualität mangelt, wenn die Effekte die Inhalte überlagern, wenn Sustainablitity vernachlässigt wird, dann – geht es irgendwann bergab. Das gesamte System muss sich neu erfinden! Das riet mir damals schon Daniele, ein guter Freund und Berater, Chef der Cerutti-Gruppe: Don’t give up quality and your vision!
Aus Business of Fashion (BOF), vom 8.2.2025
Spätestens seit 2017 denke ich darüber nach, wohin die Mode driftet und damit das entsprechene Verkaufskonzept. Corona war ein Brandbeschleuniger für Veränderung. Seitdem befindet sich unsere Gesellschaft in einem Zustand großer Verunsicherung und tiefem Misstrauen. In dem BOF Newsletter heißt es richtig: Die Kund*innen suchen nach Werten, Kreativität und Transparenz.
Handschuh Margiela (gibt nur noch jeweils einen, anderen verloren)
Ich stelle die Mode in den Dienst von Kommunikation, um unser Leben verantwortungsbewusster und gleichzeitig inniger zu gestalten. Das ist nicht einfach, es ist sogar hoch riskant und braucht eine gehörige Portion Mut, da sich inhaltliche Werte vor Umsatz-Optimierung stellen. Das sollte ich Herrn Arnault mal einflüstern, der eher darüber reflektierte, als Steuerflüchtling die belgische Staatsbürgerschaft anzunehmen.
Vintage Pierre Cardin Kette, Anfang 1960 (€ 900)
Die Boutique ist für mich nicht länger ein Shopping Hotspot, sondern ein Place to meet, ein Salon, in dem Ideen und Gedanken ausgetauscht werden. Ähnlich wie nächsten Dienstag mit Sonja Praxl „Im Wandel der Zeiten bilden wir Banden“.
Stellen wir uns doch mal vor, Chanel würde solch einen Abend organisieren oder Balençiaga, Dior oder Hermès. Ich biete mich an als Speakerin, so wie ich bin in meinem Outfit, nehme Euch mit an meine Seite. Schon hätten wir einen wunderbaren Hebel für:
„Luxury must stay“.
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BLAZER, MOOSGRÜN
€798,00 inkl. Mwst. -
WINTERMOND STOLA, MULTI
€398,00 inkl. Mwst.
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