Leben mit Kunst heißt: immer Leben mit Kunst. Nicht nur in der intensiven Betrachtung vor dem Bild, sondern auch zwischendurch, in den flüchtigen Aufblicken vom Schreibtisch aus, wenn der Kopf sich dreht und wie zufällig auf das Objekt fällt. Die Kunst ist einfach da, ist um einen herum, begleitet einen, ohne sich aufzudrängen.

So erging es mir mit einem neuen Bild-Objekt der Hamburger Künstlerin Alexandra Ewerth, ich hatte schon einmal über sie berichtet. Wir teilen uns oben den Tempel von 1844. Sie während des Tages mit ihrem Atelier, ich des Nachts mit meinem Schlafplatz. Kaum, dass wir uns sehen, aber die Atmosphäre des jeweils anderen hängt in der Luft. Verwunschen ist es, ein wenig wie ein Childhood Märchen mit den Königskindern, die sich nicht begegnen.

Nun gibt es eine neue Arbeit in Vorbereitung auf ihre Ausstellung am 4. Juli in der Galerie Thomas Holthoff.

Sie steht bei mir, weil sich jemand dafür interessiert. Genau wie eingangs beschrieben, schwenken meine Augen vom Monitor über den unordentlichen Schreibtisch … und wandern geradewegs auf das vielschichtige Grün von Alex: „Some sacred place“, 50 x 50 cm, € 4.800.

Die Sonne scheint darauf, im Hintergrund fahren Autos vorbei, ein blauer Lieferwagen, eine rot-gestreifte Absperrung, eine Passantin. Dann wird es dunkel, es regnet. Nun sind es düster gekleidete Menschen mit Kapuzen und Regenschirmen. Die Arbeit bleibt jedoch unbeeindruckt still und strahlt nach außen wie nach innen.

Ich habe Termine, mein geliebtes Pilates, als ich zurückkehre, ist es schon spät. Am Schreibtisch erledige ich noch, was liegengeblieben ist. Und wieder fällt mein Blick auf das Bild, das so seltsam verzaubert. Nun sind die Farben weich geworden, müde und zart.

Stunden später. Guten Morgen, Kunst. Kurz nach 6:00 Uhr mit dem Kaffee neben dem Computer. Jetzt beobachte ich sie aufmerksam, diese merkwürdigen Gefährtin. Oder ist sie ein Er oder ein Es?

Sie steht immer noch dort, ruhig und ein bisschen wie ewig: eine Brücke, darüber Bäume, ein schillernden Fluss und dahinter verbergen sich wie bei einer Sinfonie die Töne und Schichten, die weit hinausführen in die Fantasie. Living with Art.

Die Rosen daneben spielen fröhlich mit. Und wieder geht jemand vorbei mit einer Tüte Brötchen und einem Coffee to go. Ich wünschte, diese Arbeit wäre meine.