Den ersten Satz habe ich gerade gestrichen, zu grau. Den zweiten Satz würde ich mir gern ersparen: Stoffdrucker in Italien insolvent. Dem dritten Satz ringe ich eine Portion Experimentierfreudigkeit ab: kurzfristig neue limited Modelle mit Archiv-Stoffen. Und der vierte Satz vertagt beherzt den Frühling um zwei Wochen. Zurück auf Null. Let’s go Minimal!

Imi Knoebel, ohne Titel, Mennige, 1976/1988/2007

Ich liebe diese Kunst. Meine Helden von damals und heute: Carl Andre, Dan Flavin, Donald Judd, Sol LeWitt oder der Deutsche, Imi Knoebel. Sie bilden eine Gruppe von Künstlerpersönlichkeiten, die sich in den 1960er Jahren zusammenfanden, um die Kunst von der Illusion der vergangenen Jahrhunderte zu befreien. Sie stehen für eine geometischen Formensprache mit industriell gefertigten Materialien, oftmals seriell angeordnet, gehängt, aneinander gelehnt, gestapelt.

Donald Judd: Untitled (Stack), 1968/69, Edelstahl, bernsteinfarbiges Plexiglas, 1o-teilig.

„Meine Arbeit (…) ist ästhetisch, weil sie keine transzendente Form, keine spirituellen oder intellektuellen Qualitäten in Anspruch nimmt. Sie ist materialistisch, denn sie zeigt nichts als ihr Material und ist ohne Vorspielung anderer Materialien gemacht.“ Der Satz von Carl Andre fasst es programmatisch zusammen. Die Kunst wird demokratisch, jeder kann sie ohne Vorkenntnisse verstehen.

Sol LeWitt: Cube-Cube, 1965. Metall, einbrennlackiert.

Leichter gesagt als getan, wir müssen uns einlassen. Das Leben ist turbulent da draußen, nicht alles, was wir wollen gelingt. Wir springen von A nach B, und nun stehen wir ein wenig hilflos vor einem Metallgerüst aus Quadern: Sol Le Witt: Cube-Cube, 1965.

Jeppe Hein, Changing Neon Sculpture, 2006

Und bei dem nächsten Objekt ein paar Säle weiter von Jeppe Hein „Changing Neon Sculpture“, 2006, geht auch noch abwechselnd das Licht an und wieder aus.

Pst! Kurz mal ganz still sein. Es ist Kunst, und die will einzig und allein, dass wir sie wahrnehmen, ihre Strukturen erkennen, ihr Material, ihre Farben und Formen, Licht und Schatten, die sich über Wände und Boden ausweiten.

Dan Flavin, untitled (to Barnett Newman) four, 1971, Gelbes, blaues und rot fluoreszierendes Licht

Mehr ist es nicht, oder doch? Ich trete vor Dan Flanvins Lichtskulptur, bin allein in einem leeren Raum. Gehe ich einen Schritt nach links, verändern sich die Farben, trete ich zurück, geschieht das gleiche, nur wird dunkler und tiefer, was eben zart und kühl erschien. Ich lerne mit meinen Augen zu differenzieren, was die Kamera vom Handy nicht einfangen kann..

Es entsteht eine Beziehung zwischen mir, dem Objekt und dem neu geschaffenen Raum, alles zusammen wird zum Werk. Wie befreiend, einfach. Ich sehe, was ich sehe! Und das wandelt sich von der kühlen ästhetischen Theorie zu einem sinnlichen Erleben.

Die Ausstellung „Minimal Art. Körper im Raum“ ist soeben eröffnet worden und geht noch bis zum 24.4.2022 im Bucerius Kunst Forum, Alter Wall 12, in Hamburg (nicht weit von Roma e Toska in der Poolstrasse entfernt).