Eine Stelle in dem Buch „Von Beruf Schriftsteller“ von Huraki Murakami (*12.1.1949) ist mir besonders in die Seele gefallen, als er über seinen Geburtstag spricht und nicht über seinen Geburtstag spricht. Mit einem kleinen Trick lenkt er von dem eigenen Jubiläumstag ab, in dem er eine Persönlichkeit sucht, die am gleichen Tag geboren ist wie er. Er beschreibt diese Person, identifiziert sich  mit ihr und lebt sie für diesen Tag. Klug! Ich stelle mich genauso ungern in den geburtstäglichen Mittelpunkt wie der Japaner Murakami, also mache ich es ihm gleich und gebe einfach mal das Datum 8.7. in die Suchmaschine ein. Siehe da, schon findet sich ein „Seelenverwandter for the day“, der Franzose Jean de La Fontaine (8.7.1621 – 13.4.1695) , der große Erzähler der Fabeln, der die Antike mit seiner Zeit unter Ludwig XIV in Versen vermischte.

Jean de La Fontaine

Ich werde heute ein wenig eintauchen in seine gleichnishafte Fabulier-Welt mit den Zeichnungen von Gustave Doré und mache den 340 Jahre Zuvorgeborenen zu meinem Geburtstags-Alter-Ego… wer weiß vielleicht wird daraus eine neue Kollektion!

Der Rabe und der Fuchs Dort

Der Rabe und der Fuchs

Im Schnabel einen Käse haltend, hockt
auf einem Baumast Meister Rabe.
Von dieses Käses Duft herbeigelockt,
spricht Meister Fuchs, der schlaue Knabe:
»Ah, Herr von Rabe, guten Tag!
Ihr seid so nett und von so feinem Schlag!
Entspricht dem glänzenden Gefieder
auch noch der Wohlklang Eurer Lieder,
dann seid der Phönix Ihr in diesem Waldrevier.«
Dem Raben hüpft das Herz vor Lust. Der Stimme Zier
möcht‘ er nun lassen schallen;
er tut den Schnabel auf – und läßt den Käse fallen.
Der Fuchs nimmt ihn und spricht:
»Mein Freundchen, denkt an mich!
Ein jeder Schmeichler mästet sich
vom Fette dessen, der ihn gerne hört.
Die Lehre sei dir einen Käse wert!«
Der Rabe, scham- und reuevoll,
schwört, etwas spät, daß ihm so was nie mehr passieren soll.