Ich könnte jetzt schreiben, dass die Zahl der komasaufenden Jugendlichen seit einiger Zeit rückläufig ist, aber wir reden immer noch von jährlich über 30.000 Krankenhauseinlieferungen von jungen Menschen in Deutschland, die nichts mehr peilen, deren Augen sich um 180° nach hinten verdrehen, zusammenklappen mit einem Alkoholpegel 4,1 Promille, 4,5 Promille. Englisch heißt es “binge drinking”, Wetttrinken, Kampftrinken … Trinken bis der Arzt kommt. Vorgestern an der Alster ein Bild der Verwüstung, weiße Stühle, die zuvor noch friedlich in das Bild eines alten englischen Landschaftsgartens gehörten, nun umgekippt, besprüht, dazwischen Flaschen, Scherben, Müll.

Alstervorland

Gestern Kampen / Sylt, die Hyper-Sause in der Sturmhaube, Torkelnde, Pinkelnde zwischen duftenden Hagebutten-Sträuchern und Dünengras. Bin ich Spießer oder raffe ich hier etwas nicht. Was tun, gegen die Besinnungslosigkeit und Wut dieser jungen Menschen? – Meinen alten Kunstgeschichtsprofessor wieder engagieren, um vier Semester “sehen lernen” zu unterrichten. Einen Blick finden für die Schönheit und Stille, für das erhabene Gefühl, wenn etwas unberührt ist, man die ersten Spuren in den Sand setzt, wenn grün auf weiß trifft (ohne Plastikmüll). Meine Alk-Bestrafung: Mülldienst von 5.00 Uhr früh und anschließend sich für eine Stunde vor ein Bild in der Kunsthalle setzen, zulassen Traurig zu sein.

Kunsthalle Hamburg