Zeit ist etwas, das wir verwalten, optimieren, wovon es immer zu wenig gibt. „Die Zeit läuft uns davon. Ich bin im Zeitdruck. Endlich mal Zeit haben …“ Das sind alles Sprüche, die belegen: Zeit ist eine Ressource, aus der wir uns bedienen dürfen. Vor kurzem hätte ich noch gesagt: Ja, das stimmt.

Die Wochen rauschen vorbei, vollgepackt mit Erlebnissen oder reserviert fürs Nichtstun. Von einer Freundin höre ich, sie wäre im „Sport-Stress“. Der Urlaub ist durchgetaktet mit Terminen, selbst wenn sie heißen: Tisch im Restaurant reserviert, Freunde treffen, Golfspielen. Dabei könnte man im Strandkorb sitzen mit Blick auf das Meer und die Zeit vorbeifließen lassen und gar selbst mitfließen.

Dieser Sommer war besonders, war intensiv, alte Freunde, neue Freunde. Aber dazwischen gab es dennoch die Momente, um zu lesen, nachdenklich zu sein oder morgens am Schreibtisch einfach nur still in den schönen Garten zu blicken.

Wie wäre es, wenn Zeit keine Ressource ist, auf die wir einen Anspruch haben?! Drehen wir das Konstrukt einfach mal um: Wir sind die Zeit, sie umgibt uns, ist einfach da in unserer Endlichkeit. Klingt das nicht unerwartet entspannend, ja fast heiter, bescheiden und dankbar?!

Früher folgten die Menschen ihren Routinen von morgens bis spät, Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter. Es wurde erledigt, was zu erledigen war. Das Wort „Zeitmanagement“ gab es nicht. Man wusste eh, dass man nicht alles schafft, und für den Rest gab es ja noch Morgen.

Seit vielen Jahren entwerfe ich Mode. Es ist ein Highspeed Karussell. Mindestens zwei Kollektionen pro Jahr mit enggesteckten Lieferterminen, weltweit. Irgendwann bin ich aus diesem Tempo ausgestiegen und mit mir viele andere Designer*innen, die darüber ihre Kreativität wiederentdeckten. Mein Skizzenbuch ist gefüllt mit Notizen, Zeichnungen, Collagen. Was an der Stange hängt, besitzt Inhalt und Sorgfalt. Es ist nachhaltig.

Wenn ich an meinen Freund Aldo vom Comer See denke, der meine Stoffe druckt, muss ich schmunzeln: Er ist wie ich „ausgestiegen“ und hat sich ein Boot gekauft, genießt das Leben, und dabei werden unsere gemeinsamen Entwürfe immer schöner. Wir wollen nicht mehr alles „unter einen Hut bringen“, gelingt sowieso nicht. Es kommt, was kommen möge!


Oliver Burkeman, 4.000 Wochen, Piper Verlag, 2023

Nun lade ich Euch ein zum nächsten Event mit Johannes King bei Roma e Toska im Kapitänshaus ein: Donnerstag, den 29.8.2024, ab ca. 17:30 Uhr. Wir unterhalten uns über die Salzwiesen, kulinarisch, kulturhistorisch. Dazu gibt es Drinks und Snacks (€ 49). Voranmeldung unter: info@romaetoska.de.

Und nächsten IT’S A DIENSTAG (3.9.2024, ab ca. 17:30 Uhr) in Hamburg feiern wir LA RENTRÉE,in dem wir einfach genießen, dass wir uns alle wiederhaben – aus der Zeit gefallen.