Mariann Edgar Budde veröffentlichte ihr Buch 2023 in New York. Ende März erscheint die deutsche Übersetzung. Ich lese schon eine Weile darin, es liegt neben dem Bett, begleitet mich hierhin und dorthin. Nun, während der langen Zugfahrt nach Frankfurt, habe ich die Muße für eine Rezension. Die Bischöfin hat schon viele Male ihren Mut bewiesen, zuletzt, als sie sich nach der Vereidigung direkt an Donald Trump wandte: „Dear Mr. President, we are scarred … “ – Das Video ging um die Welt mit millionenfachen Klicks. Endlich eine unerschrockene Stimme gegen das Unfassliche, das nun in unser Weltgeschehen getreten ist.

Die Lektüre beginnt am 1. Juni 2020, als Donald Trump in seiner ersten Amtszeit die Bibel falsch herum hochhielt und militärischen Einsatz ankündigte gegen amerikanische Bürger*innen und deren Protestmärsche zum Tod von George Floyd. Schon damals war das Land in Aufruhr. „Black Lives Matter!“

Was Mariann Edgar Budde schreibt, ist verankert im amerikanischen Politikgeschehen, in ihrem eigenen Lebenslauf und Werdegang als Pastorin und Theologin, aber darüberhinaus sind es allgemeingültige Positionen, die inspirierend sind und nachdenklich stimmen:

„We all want to be brave when it counts.“

Wer träumt nicht davon, aufzustehen, die Stimme zu erheben, zu kämpfen, wenn es Not tut, Held oder Heldin sein im Abenteuer des Lebens. Und dann beschleicht uns eine innere Unsicherheit, ob wir es auch wirklich können, wenn es soweit ist. Die Zeiten werden dringlicher, uns mit uns selbst zu konfrontieren: „Something had to be said… I want to be among those working for the change we need now“, schreibt Budde.

Ich blättere durch die Seiten, so viele Markierungen sind gemacht, eingekringelte Wörter mit großen Schwüngen über das ganze Blatt zu den nächsten Wörtern. Wie mache ich das Beste aus mir! Finde die richtigen Antworten für eine Gegenwart, die ich mir nicht ausgesucht habe, aber die meine ist.

Budde spricht von „decisive moments“, den Wendepunkten im Leben, für die wir uns vorbereiten sollten, um sie zu erkennen und zu nutzen, genauso wie diese Schlüsselerlebnisse ihre „Nachbereitung“ brauchen, um uns nicht in ein tiefes Loch fallen zu lassen und darüber ihre Kraft der Veränderungen verlieren. Sechs Kapitel führt sie auf: Gehen oder Bleiben. Starten. Akzeptieren, was wir nicht ändern können. Die Bühne betreten. Sich im Stichgelassen fühlen und trotzdem Ausdauer bewahren. (Manchmal noch eine Runde drehen, würde ich gern ergänzen.)

Und dann ist dieses Buch gespickt mit all den kleinen Geschichten, die einfach groß sind. Wie die Nonnen im Brennpunkt Viertel von Los Angelos, die vom Priester gefragt wurden: „Hey, would you mind … you know … moving out … and we could turn the convent into a school for gang members?“ Sie sagten einfach „Sure!“

Ich weiß nicht, ob man die Geschichte in dieser Verkürzung versteht. Dahinter steckt die Kraft der spontanen Entscheidung, die Macht des Wortes „sure“, das aus dem Herzen kommt, und wie es Budde einzigartig schön formuliert: „learning how to stand and kneel at the same time“ (lernen aufrecht zu stehen und gleichzeitig demütig zu knien.) Nicht einfach!

„The road is long and there are no shortcuts.“

„How we learn to be brave“ hat 189 Seiten + Anmerkungen. Ein Mutmach-Buch, eine Aufforderung an jeden von uns und die anderen gleich mit.