Picassos Leben und Werk unterteilt sich in die Frauen, mit denen er zusammen lebte. Mein Leben lässt sich gliedern in die Wohnungen und Häuser, die wir bewohnten. In Hamburg gibt es beinahe keine Ecke, in der wir nicht ein Apartment besichtigten, umwarben und manchmal bewohnten. Am Anfang stand ein riesiges Loft in Altona, 400 qm – gleich nach dem Studium mit der festen Überzeugung, dass große Gedanken große Räume bräuchten. Immer zum Monatsanfang, wenn die Miete fällig wurde, bekam ich eine Finanzdepression und es vergingen nur wenige Wochen, da rückten mein Bett, mein Schreibtisch, mein Tisch samt Stühlen und mein Sofa (mehr hatte ich nicht) ein wenig zusammen (immerhin noch 250 qm), um Platz für zwei liebe Restauratoren mit ihren Werkstätten zu machen. Eine schöne Zeit.
Dann folgte das Elbschlösschen (Landhaus Baur) an der Elbchausee, ein prächtiger Hansen Bau von 1804, den keiner bewohnen wollte. Was für eine irre Zeit mit Kunst und verrückten Ausstellungen, wir waren geduldete Hausbesetzer für beinahe vier Jahre. Parallel und anschließend wohnten wir im Zippelhaus in einem Yuppie-Loft über zwei Etagen samt Blick über den Hafen. Unten an der Strasse lebte ein Penner, wir aßen oben Kaviar, und Roma war Baby, der Wind blies um die einsamen Speicherstadt-Ecken. Wir dachten wir werden Millionäre, im Nacken die Angst, dass wir auch irgendwann mal da unten enden könnten. Anschließend wurde es bürgerlich mit Hochparterre im Harvestehuder Patrizierhaus. Weiter an die Alster, alles viel zu klein, aber wir konnten nichts finden mit Hund und zwei Kindern. Das Bett mitten im Wohnzimmer, bei Geschäftsverhandlungen musste die riesige Matratze im Gästeklo verschwinden. Die Geschichten dazu – abendfüllend und kreisch-komisch. Wir waren schon eine verrückte Familie.
Der nächste Abschnitt wurde dann richtig schön und die Geburtsstunde von Roma e Toska. Wir waren wieder auf der Suche und das Denkmalschatzamt sollte helfen. „Haben Sie nicht irgendein Kummer-Objekt?“ – Antwort: „Ein Armenhaus in Lübeck“ – Spontan: „Gibt’s auch ein Herrenhaus?“ Und das gab es, vor den Toren Hamburg: Neverstaven! Vier Monate habe ich jeden Sonntag eine e-mail an die Münchner Besitzer geschickt und dann kam der Anruf: Wir sind weichgeklopft, sie dürfen es haben, aber nur unter der Bedingung, sie schreiben fleißig weiter. Daraus ist ein dicker Ordner wöchentlicher Korrespondenz geworden. Vier Jahre Landleben mit Baumhaus, altem Obstgarten, weißer Hirschkuh im Wald und einem Gefühl von Astrid Lindgren’s Bullerbü. Ich nähte bis in die frühen Morgenstunden die ersten Modelle von „Roma e Toska before Roma e Toska“ und die Mädels hüpften am Tag darauf damit durch die Mohnblumen-Wiesen.
Abb: Gut Neverstaven mit Schaukel (zu unserer Zeit noch ohne Schafe)
Und was kommt nach so einem Paradies, wenn die Bäume gezählt, der Duft von gemähtem Gras ausreichend genossen und die Kinder mit Kino und Geburtstagsparties in die Stadt drängen? Ein schäbiges Loft im Hinterhof über der Autowerkstatt, mit kaputten Decken, winddurchlässigen Fenstern, schlecht oder gar nicht funktionierender Heizung – ein Traum von verarmtem Bohemien. Wir haben es geliebt, alle (!), mit Eisblumen am Fenster und Hitzestau im Sommer.
Jetzt sind es das Kapitänshaus in Kampen und die Milchstrasse 11 in Hamburg-Pöseldorf, die das neue Kapital eröffnet haben. Die Kinder sind aus dem Haus und das aktive Leben hat sich in die Geschäfte verlagert. Vielleicht ist das die besondere Atmosphäre der Concept Stores, das es beinahe aussieht, als würden wir es bewohnen und echte Gastgeber sein, die die Kunden und Freunde empfangen …
Trotzdem sind wir auf Wohnungssuche, unsere private Zwischenstation war befristet. Was wird kommen und wer hat einen Tipp? Die Zeit drängt, die mich kennen, schicken schon aufmunternde „Unter-der-Brücke-Szenarien“.
Klein soll es sein, meinetwegen schräg. Im Angebot momentan eine Souterrain Wohnküche – hier hätte ich sogar romantische Kreativ-Schübe – oder ist es doch die ehemalige Waschküche im Keller, die hinter dem Immonet Angebot steckt? Wir werden es sehen – gebt doch mal die Info weiter: Designerin, Kunsthistorikerin, Bloggerin, Querdenkerin, Freischwimmerin, Marmeladenköchin, Viel-Leserin mit charmantem adligen Ehegatten, sympathischem Hund, durchgeknalltem Kater und zwei erwachsenen Töchtern (die gerade Sinn-suchend in Toulouse und Berlin herum schwirren) wünschen sich kleine besondere, ausgefallene Wohnung in Hamburg (Alsternähe), die ein neues Kapitel in der Lebensgeschichte aufschlägt. Kontakt: birgit@romaetoska.de
Schreibe einen Kommentar