Der Juli ist vorbei, ein schier endloser Monat, gefühlt mit vielen schönen Erlebnissen, Events, Begegnungen und der Sehnsucht, die das Meer so in sich birgt. Begonnen hatte er mit dem Mare-Verlag Abend in der MILCHSTRASSE 11. Und seitdem lese ich mich durch die Bücher aus der Klassik-Serie des Verlages mit den schönen Schubern, dem besonderen Papier, das weich zwischen den Fingern liegt, sowie den Leinenumschlägen mit geprägten Titeln. Es ist etwas ganz besonderes, diese Lektüre in den Händen zu halten, aufgeschlagen auf den Knien mit der Life-Musik von Iismeer am Strand und dem Sonnenuntergang am Horizont.
September 1926: Der amerikanische Schriftsteller Henry Beston (1888 – 1968) bezieht ein kleines Holzhaus am Meer auf Cape Cod. Geplant waren zwei Wochen dort zu bleiben, doch daraus wird ein ganzes Jahr, in dem er auf wunderschöne einfühlsame Weise die Natur um ihn herum beobachtet und notiert, den Sand, die Vögel, das Kommen und Gehen von Ebbe und Flut … Beston wurde mit seinen detaillierten Beschreibungen zu dem Erfinder eines neuen Genres, des Nature Writing. Und ich bin seitdem auf seinen Spuren und entdecke den Sand unter meinen Füßen neu, verinnerliche, was der Autor gleich auf Seite 17 schreibt:
„Die heutige Welt krankt an einem Mangel an elementaren Dingen wie offenem Feuer, das vor einem knistert, Wasser, das aus dem Boden quillt, Luft, ja selbst der Erde unter den Füßen. In meinem Reich aus Strand und Dünen waren solche elementaren Erscheinungen präsent und lebendig, und sie beschrieben einen Bogen, der den Rhythmus der Natur und des Jahres zu einem unvergleichlichen Schauspiel verband.“
Es ist gar nicht einfach, so ein sanftes und stilles Buch zu lesen, wenn rundherum das Sylter Sommerleben pulsiert mit White Dinner, MS Europa vor List, Philine, der Schmuck-Künstlerin, Ulf Saupe aus Berlin, das Sommerfest von nebenan mit Christina Franco, wo auch immer sie jetzt steckt mit meinem Schal, Secondella mit High-Fashion und der Wikinger Ringfibel aus Morsum… – Ich muss mich zwingen, den Worten von Beston nachzuhängen, die die Spuren der Vögel nachzeichnen: „Über viele Meilen ziehen sich die verworrenen, sich kreuzenden und überschneidenden Abdrücke ihrer Füße über den unteren, ans Wasser angrenzen Strand von Cape Cod.“ Und am nächsten Morgen sehe ich sie dann selbst an meinem Strand. Wo ich sonst so nachlässig hinübertrete, versuche ich die Muster nun nicht zu zerstören.
Und dann gibt es da noch diese sensible farbenduftende Beschreibung des Strandes, die seitdem meinen Blick führt und meine Sinne schärft:
„Für die Farben des Strandes von Eastham einen Namen oder eine Umschreibung zu finden ist keine leichte Aufgabe. Zudem variiert der Ton je nach Tages- und Jahreszeit. Der eine Freund nennt ihn Gelb, das ins Braune tendiert, ein anderer vergleicht ihn mit roher Seide. Welche Farben solche Beschreibungen vor dem Augen des Lesers auch immer entstehen lassen mögen, es bleibt festzuhalten, dass der Farbton des Sandes an einem Junitag so warm und satt ist, wie man ihn sich nur vorstellen kann. Spät am Nachmittag legt sich ein zarter Hauch von Violett auf den Strand und das unmittelbar angrenzende Wasser.“
Henry Beston. Das Haus am Rande der Welt. (Original: The Outermost House. A Year of Life on the Great Beach of Cape Cod, 1928). Bei jedem Kauf ab € 500 gibt es ein Exemplar geschenkt mit dem Wunsch und Versprechen, den Sommer und die Stille mit dem Blick auf das Meer zu genießen.
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