Es kann auch schief gehen… oder wie Erich Kästner sagte: „Leben ist immer lebensgefährlich.“ Lasst mich die Geschichte der Elsje Christiaens erzählen, sie ist anrührend, steht für die dunkle Seite im vermeidlich „goldenen“ Amersterdam des 17. Jahrhunderts und geht weit darüberhinaus. Kurz zur Orientierung, ich war in Frankfurt am Main, zum Double-Sixties Grande Bellezza Geburtstag der Freunde. Noch ein wenig ramponiert, verschnupft, mit tränenen Augen, wurde es trotzdem eine mit Grandezza durchtanzte Nacht.
Gestern dann allein (was ich liebe) in die beeindruckende Ausstellung über „Rembrandts Amsterdam. Goldene Zeiten?“ im Städel Museum. Ein eisiger Wind weht mir entgegen, als ich über die Mainbrücke zum Museumsufer laufe. Die Taschentücher immer noch griffbereit, die Erkältung ist noch nicht ganz auskuriert.
Aber zurück zu dem Mädchen Elsje, das um 1646 auf der Insel Jütland in Dänemark geboren wurde. Mit nur 18 Jahren machte sie sich auf in die neue pulsierende Metropole in den Niederlanden. Dort boomen die Wirtschaft, die Künstle, man spricht von Freiheit und von der weiten Welt. Wer will nicht dorthin. Geld hat die junge Frau keines, aber eine gehörige Portion Mut.
Sie findet eine schlichte Pension in der Nähe des Hafens und macht sich (vergeblich) auf die Suche nach Arbeit. Prostitution war verboten, aber Elsje wollte es ja sowieso anständig schaffen, ihr kleines Glück suchen. Frauen hatten in den Jahren plötzlich neue Möglichkeiten, durften Schankrechte innehalten, Geschäfte treiben.
Jedoch Elsje wollte nichts gelingen. Schon nach wenigen Tagen konnte sie ihre Wohnung nicht mehr bezahlen. Es kam zum Streit mit der Vermieterin, die auf sie einschlug. Nun wird es unübersichtlich. Die junge Migrantin soll im Eifer des Gefechtes eine Axt ergriffen und damit ihre Widersacherin getötet haben. Nachbarn eilten dazu, sie wurde festgenommen und kurz darauf zum Tode verurteilt. Es lässt sich alles in den Archiven von Amsterdam nachlesen.
Da sie nicht einsichtig war, erhielt sie eine besonders schwere Strafe: erdrosseln durch den Strick und nachträglich geschlagen mit selbiger Axt. Eben war das Leben noch so verheißungsvoll und voller Träume. Amsterdam. Seit zwanzig Jahren hatte man keine Frau mehr zum Tode verurteilt, nun war es die junge Elsje. Sie hängt rechts am Galgen in dem blassroten Kleid, gut sichtbar von den Schiffen, die ein- und ausliefen.
Niemand hätte ihr Schicksal weiter zur Kenntnis genommen, schon gar nicht über Jahrhunderte hinweg, wäre nicht Rembrandt dort gewesen und hätte sie gezeichnet. Schnell ist sein Federstrich, konzentriert auf das Wesentliche hinter dem, was man sieht. Dort hängt beinahe noch ein Kind, das schläft, als würde es in einem Rucksack baumeln. Daneben die tödliche Axt. Fast liegt ein Hauch von enttäuschtem Verwundern in ihrem Gesicht, dass das Leben auch misslingen kann.
Es rührt mich, diese kleine Arbeit auf Papier aus dem Metropolitan Museum of Art in New York, das neben den riesigen Gemälden der Schützengilde und den Geld zählenden meist männlichen Tischgesellschaften ausgestellt ist. Unschuldig-schuldig. Es ist die Faszination dieser Ausstellung, dass sie die Geschichten parallel erzählen kann.
Und die Moral von der Geschicht‘? Hinter dem Titel „Goldene Zeiten“ steht ein Fragezeichen. Die Niederlande und Amsterdam machten ihr Vermögen vor allem mit den Kolonien in Übersee und mit dem Sklavenhandel. Das meiste Geld befand sich in den Händen einer bürgerlicher Elite.
Durch den Wegfall der katholischen Kirche entstanden in der Zeit zahlreiche profane soziale Einrichtungen wie Armen- und Waisenhäuser. Dort lebten die Namenlosen, die als nicht „bildwürdig“ galten. Wieder ist es Rembrandt, der seinen empfindsamen Blick auf diese Bedürftigen richtet, die Bettler, Vagabunden und Gestrauchelten. Er gibt ihnen Ausdruck und selbst im Leid eine menschliche Würde.
Seine Studien gipfeln in der Readierung „Christus predigt“, von 1648, dem Hundertguldenblatt, da es sich damals schon einer Begehrlichkeit erfreute. Heute ist es eine Inkunabel der Kunstgeschichte und gehört zu dem Besitz des Städel Museums.
Ich verweile … und lass Euch mit mir verweilen. Erneut wird das Amsterdam des 17. Jahrhunderts geschildert mit seinem Licht und seinem Schatten, mit arm und reich. Der Künstler verleiht der Szenerie eine überirdische Kraft, die sich tief in das Gedächtnis gräbt, so wie das Schicksal des Mädchens Elsje am Galgen. Euch einen schönen Sonntag. Die Ausstellung Rembrandts Amsterdam geht nur noch bis zum 23. März 2025!
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I use translator to help me, and I have to tell you that the translation is so good these days that this writing is as good as I imagine it is in German ( I have heard that your German writing is so great ) so thank you Google and thank you Birgit for this inspiring, poignant cameo – life! Phew …. so glad you had a party, and you looked so glam doll 🙂 xx L
Ich sitze gerade Málaga-Flieger und warte auf den Start des Fluges… als ich diese Zeilen gelesen habe und auch noch die Zeichnung von Rembrandt gesehen habe, habe ich feuchte Augen bekommen…
Ich kann mir kaum etwas trauriger vorstellen, als ein noch im Keim misslungenes Leben…
Vor einigen Jahren habe ich in Amsterdam eine Rembrandt-Sonderausstellung sehen können. Die traurige Geschichte von Elsje ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Schön, dass Du sie noch einmal erzählst.