Der Weg zum Meer, hinter uns die aufgehende Sonne, vor uns der Mond und unter uns knirscht der Schnee. Gefühlte -8°C. Es ist noch früh, man könnte meinen, jeder würde still vor sich hingehen, achtgeben, nicht auf den eisigen Planken des Holzsteges auszuglitschen, in Gedanken an die Nacht oder müde vom Schreiben ab 6:00 Uhr. Ganz das Gegenteil, meine Madama La Petite und ich sind vertieft in Gespräche über die Selbstbestimmung der Frau. Ernster geht es kaum und das bei strahlendem Himmel.
Wie bringt sich die Frau auf Augenhöhe mit dem Mann, dem Partner, dem Kollegen? Ich sage, sie soll sich einfach die Freiheit nehmen. Meine Begleiterin meint, es wird ihr verwehrt. Beides stimmt. Das große Thema unseres Lebens, unserer Erziehung, meiner Doktorarbeit über die „Künstlerinnen in der Weimarer Republik“, und schlussendlich hat es auch etwas damit zu tun, warum und wie ich Mode entwerfe. Es gilt, sich sichtbar zu machen, wahrgenommen zu werden, um sich eine Position zu schaffen, in der man sich souverän fühlt. Das ist die Basis, alles danach bleibt schwierig genug.
Abb: Übermalung Peter Büchler, Privatbesitz Galerie Holthoff
In diesen Kontext gehört das kleine Filmchen, das ich gestern auf ARTE sah über Alma Mahler-Werfel (1879 – 1964), eine Frau, deren Leben so unglaublich schillernd war zwischen den großen Persönlichkeiten des ausgehenden Jahrhunderts bis in die 1920er und 30er Jahre: Gustav Klimt, Gustav Mahler, Walter Gropius, Oskar Kokoschka, Franz Werfel, ihre Ehemänner oder Geliebten.
Was muss das für ein Charakter gewesen sein, der das Herz solcher Männer erobern konnte. Sie war sichtbar, soviel ist gewiss, ich habe sie immer bewundert. Und dennoch steht sie nun in einem Beitrag mit dem Titel „The Lost Ones“.
Sie wollte in ihrem Leben etwas anders, etwas eigenes, komponieren. Gustav Mahler verbot es ihr. Sie wurde die Muse der Männer, aber in umgekehrte Richtung ging es nie. Als sie im Alter versuchte, sich stärker ihren eigenen Wünschen zu widmen, war es zu spät. Die Talente waren verkümmert.
Kritisch sollten wir überprüfen, was sich bis heute geändert hat. Einiges, gewiss, aber lange nicht genug. Und deswegen machen wir uns sichtbar und fordern ein, auf Augenhöhe, was wir brauchen, um wir selbst zu sein. Und das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit dem Recht auf Verwirklichung.
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