Bewusst habe ich in der Titelzeile das Wort „Altern“ weggelassen. Es klingt für viele abschreckend, wer will schon altern? Wir wollen uns doch ständig verjüngen. Ich höre mich selbst von mir schwärmen: Fühle mich wie Ende zwanzig oder max. Ende dreißig (wenn ich etwas realistischer mit mir umgehen will).

„Hier sitze ich und atme.“

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Es ist einer dieser wunderbaren knappen Sätze, mit denen Elke Heidenreich ihr Lesebuch bestückt, um genauso knapp und entlarvend fortzuführen: „… Und altere. Und altern heißt nicht: noch nicht tot sein. Es ist ein ganz normaler Teil des Lebens. Und gar nicht so schlecht. Jungsein war schlimmer.

„Ha“, möchte ich jetzt ausstoßen. Stimmt. Oh weh, wie habe ich als junger Mensch gelitten, fühlte mich hässlich, stand im Abseits und spielte nicht mit. Nun komme ich besser mit mir klar, kann mich souveräner genießen.

Es gehört zu Heidenreich, der Belesenen, dass sie ihr kleines Büchlein mit Zitaten aus anderen Büchern spickt. Und das macht es für mich zu einem wirklichen „Lesebuch“, in dem ich mir ein paar Seiten vornehme, das Buch wieder weglege, um das Gelesene zu verdauen, weil es nachdenklich stimmt. (Das Wenige, das sie persönlich über sich schreibt, damit gehe ich nicht immer d‘Accord, besonders ihrem unversöhnlichen Nachruf, Seite 98.)

Dennoch lässt mich die Autorin auch immer wieder schmunzeln: „Wenn Sie wirklich wissen wollen, wie alt Sie sind, schauen sie sich in einem Hotelspiegel an.“ Ich könnte es erweitern: geht auch im Fahrstuhl oder noch gruseliger im Klo-Spiegel der Deutschen Bahn.

Wenn wir noch mal Leben könnten, würden wir dann versuchen mehr oder weniger Fehler zu machen (Zitat Jorge Luis Borges, der für mehr Fehler plädiert), ein bisschen verrückter Leben, mehr riskieren, mehr Sonnenuntergänge betrachten …? – Keine Ahnung, ich weiß es wirklich nicht, nur eines ist gewiss, es wird wieder nicht nach meinem Plan laufen, sondern auf wundersame Weise anders. Hauptsache es läuft.

Und so ist dieses Büchlein versehen mit meinen Bleistift-Markierungen. Es lag neben dem Bett, war mit mir am Strand, liegt auf der Wiese und heute Morgen neben meinem Computer auf dem Schreibtisch.

Es war nicht nur Enja Jans (Moka Magazin) Sommer-Empfehlung. Es ist auch meine: Elke Heidenreich. Altern, Hanser Verlag Berlin, 2024.

Seit wann bist Du alt? Seit morgen.“ (Elias Canetti)

Katrin Sachse, BUNTE, saß gestern neben mir im Strandkorb. Wie immer unterhalten wir uns, als hätte jede noch den Satz vom letzten Mal auf den Lippen. Sie stellt die Frage: Auf was könntest Du am Wenigsten verzichten: Musik, Kunst oder Literatur? Schwierig! Ich sage: die Kunst. Sie antwortet: die Literatur. Ihre Buch-Empfehlung kommt ein nächstes Mal.