Sollte man sich gerade langweilen, weil sowieso nichts passiert, hätte man das Bedürfnis, mal wieder „hemmungslos“ in die Vergangenheit abzutauchen, dann empfehle ich einen „Umzug auf Rezept“ mit vielen Kisten und Kartons, Möbeln und verschollen geglaubten Dingen.
Ähnlich erging es mir die letzte Tage, als endlich die eingelagerten Teile aus der MILCHSTRASSE 11 und vor allem aus dem Archiv-Keller an unserer neuen Adresse ausgeladen wurde. Seitdem verschanzten Johanna und ich uns im Untergeschoss der Poolstrasse 30, packten aus, verteilten und entsorgten.
Bei all dem Aktionsmus wurde es für mich immer wieder schwer nostalgisch. Ein Foto mit dem Künstler Rolf Rose während der Ausstellung in Schweden 1990, da war ich 29 Jahre alt, im Kostüm von Tamara di Lempicka, finde ich sicherlich auch noch in einer dieser Kisten.
Der nächste Karton mit dem ersten Kleid von Roma e Toska (2002) und passend dazu das Püppchen Stephanie, ein Ausschnitt aus der Zeitung, eine Schachtel mit einer handbemalten Miniatur von Heidi Ott, Mäntelchen von mir …
Dieses Jahr im November feiern wir uns zwanzigjähriges Jubiläum, hätte ich fast vergessen. Vielleicht gibt es Stoffmotive mit den frühen Bastelbildern von Toska. Hinreißend und unmöglich von uns Erwachsenen so zu kreieren.
Fünfzig Boxen sind geleert, nun geht es oben weiter mit den Bücherkisten. Nochmal genauso viele. Auch die Bücher besitzen ihre Erinnerungswerte. Ich weiß noch genau, wann ich welches gekauft, geschenkt bekommen oder gelesen habe. Die Leute, die sich draußen die Nasen an dem großen Fenster plattdrückend, denken jetzt bestimmt, hier entsteht ein Buchgeschäft. Nein, weit gefehlt, hier entsteht mein „Wohnzimmer“.
Das Regal muss noch montiert werden, inzwischen stapele ich nach Themen und Epochen: Vermeer, Tizian, die niederländische Landschaftsmalerei, Sibylla Maria Merian, Jean de La Fontaine … Immer wieder blättere ich ein wenig, hinter vielen Titeln stehen ganze Kollektionen von Roma e Toska. Dann fällt aus einem Buch ein Kärtchen raus, Toskas Freundin in einem Outfit von … 2003 oder 2004?
Aber der größte Bücherturm ist jener zu Fashion und Fotografie. Vogue Covers und Richard Avedon Monographie, Audrey Hepburn, Fortuny. Dazwischen ein Bändchen über Cy Twombly, Robert Rauschenberg „Off the Wall“, Gespräche mit Beuys … Wir dürfen nicht unsere Neugierde Google und Wikipedia überlassen. Wir brauchen solch ein Sammelsurium von schönen Bildbänden und kleinen Gedanken-Kompendien. Das hier um mich herum ist in höchstem Maße inspirierend.
Als es draußen schon dunkel ist, breche ich erschöpft ab. Immer noch gibt es viele nicht ausgepackte Kartons und im Untergeschoss kann man kaum mehr zutreten, weil ich überall etwas „vorläufig“ hingestellt habe. Nun sieht es wirklich aus wie mein Zuhause, das Sofa, der Teppich von dem Künstler Stefan Balkenhol, das große Regal …, und in den nächsten Tagen wird daraus mein Geschäft, genauso wie ich es liebe, sehr persönlich und eben anders. Als ich abschließe weiß ich endlich, wo der Paravent für die Umkleide stehen wird … Fortsetzung folgt!
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