Wir sind verabredet, Edda und ich, es ist kurz vor 18.00 Uhr, sie hat gerade einen anstrengenden Arbeitstag und eineinhalb Stunden Fahrt hinter sich von Buxtehude in die Hamburger Innenstadt. Wie lange haben wir uns nicht gesehen? Viele Monate, in denen wir mehrfach unser Leben umkrempelten.

Sie ist mal wieder mitten im Umzug, trägt eine Leggings mit der Kimono-Bluse von Roma e Toska. Ich stecke in der angerissenen Jeans (immerhin Saint-Laurent) und sündhaft teurem Hemd (sehen nur Kenner). Wir sind zu Carmens Geburtstag eingeladen. Diese Outfits gehen gar nicht, das wissen wir sofort.

Sie stylt mich und ich style sie. Komischer Weise kommt etwas Ähnliches dabei heraus, nur das wir komplett unterschiedliche Persönlichkeiten sind. Was uns allerdings verbindet, ist endlos Power, wenn es darauf ankommt. Sie hat soeben ihren Pflegedienst mit über 100 Angestellten an ihre Tochter übergeben … Und „nebenbei“ in Bad Gastein (Österreich) ein Hotel renoviert, eingerichtet und eröffnet, samt Vinothek.

Zwischendurch übernahm sie noch das Putzen der Zimmer, da sich kein Personal finden ließ, machte das Frühstück für die Gäste, erhielt ihr erstes Diplom als Sommelier und bereitet den „Linsen-Capucchino“ für’s Bistro vor. Sie gerät darüber ins Schwärmen, wo anderen die Tränen der Verzweiflung gekommen wären. Wir lachen uns tot. So bekloppt kann nicht jeder sein. Wir fühlen uns heimlich verwandt und vertraut.