Was hat unsere Dienstage geprägt in diesem Jahr? Dass es persönlich wurde! Keiner unserer Talk-Gäste hat einfach nur Bekanntes abgespuhlt, und niemand aus dem Kreis der Zuhörer saß teilnahmslos dabei. Auf schönste Weise zeigte sich gestern Abend einmal mehr die Atmosphäre eines Salons, in dem besondere Menschen zusammenkommen, um sich auszutauschen, um zu erfahren, was andere außergewöhnlich macht. Festlich war es, die Kerzen im Tannenbaum brannten, Geschenke …

Ich freue mich sehr, dass Ann-Katrin Mohr, die Chefin der Kostümabteilung des Thalia Theaters, und ihre Tochter Frieda Zeit für uns gefunden haben. Wir kennen uns seit 2006, versuchen die Anfänge zu rekonstruieren. Sie kaufte bei mir immer wieder exklusive Stoffe, die aus unseren Produktionen übriggeblieben waren.

Bestickt und bedruckter Tüll aus meiner Middle Ages Kollektion, ca. 2010/11

Unterwegs mit dem Fahrrad. Manchmal brachte sie eine Kollegin mit zu uns oder die Kostümdesignerin des Stückes, einmal sogar einen jungen Regisseur. Schnell wählte sie, gab das Budget vor. „Pack alles ein, morgen holt es unser Fahrer ab.“ Freundlich, konzentriert, effizient, die alleinerziehende Mutter. Tage haben nur 24 Stunden.

Unser Pailletten Stoff aus der Hawaii-Kollektion, ca. 2007

Seitdem haben sie und ihr Atelier Tausende von Kostümen gefertigt, hunderte Produktionen ausgeführt mit eng gesteckten Zeitvorgaben. Unsere bestickten Tülle, bedruckten Seiden und aufwendigen Bordüren fanden ein neues Leben. Und Ann-Katrin meine uneingeschränkte Bewunderung.

Wie spannend ist es, den Unterschied zwischen unser Arbeit zu sehen. Ich, die ich in Kollektionen denke, meine Entwürfe müssen vielen Frauen stehen und passen, ready-to-wear. Ann-Katrin als Gewandmeisterin, die wie in der Haute-Couture maßgeschneidert für eine Schauspielerin oder einen Schauspieler fertigt.

Während ich die Grenzen des Designs auslote, nicht ins „Theater und Verkleiden“ abrutschen darf, lebt sie aus der Fülle der Fantasie für die Bühne, muss sich jedoch immer wieder auf neue Regisseure und Regissseurinnen, KostümdesignerInnen und Inszenierungen einstellen.

Beiden geht es uns um das Sichtbar-machen, mir im Alltag, ihr im Rampenlicht. Ich habe den Druck verlagert, keine Deadlines und Messen, selbst die Saisonen habe ich aufgelöst. Sie steckt noch in dem Karoussell und findet oft erst an den Wochenenden die Ruhe, sich ganz ihrer Passon der skulpturalen Kostümentwicklung hinzugeben. Reifröcke, Korsagen …

Bestickter Organza, ein Stoff, mit dem ich nie klar kam. Sie hat daraus ein zauberhaftes Kostüm schneidern lassen.

Mir fällt Vivienne Westwood ein, wie sie die Stoffe an ihren Büsten zu Falten legte. Das Handwerk, die Routine und das eingespielte Team sind wichtig, wenn alles gelingen soll. Trotzdem gestehen wir uns, ab-und-an leise und heimlich in einer Ecke zu heulen, wenn nichts mehr geht.

Und Frieda? Sie ist Anfang zwanzig und genauso wie Roma und Toska zwischen all der arbeitssamen Hektik aufgewachsen. „War schon hart“, sagt sie und lächelt.

Meine Töchter hat es geprägt, sie sind mit allen Dramen großgeworden. Frieda geht einen eigenen Weg und studiert Film und Medien. Kinder kommen auch mit Working Mums klar. „Überleben trotz Mutter“, sagten meine Beiden immer und lachten sich tot.

Am Ende Applaus für eine bemerkenswerte stille Frau hinter den Kulissen, für die sich kein Vorhang hebt, aber ohne die kein Theaterstück läuft. Seit 1996 dirigiert sie einen Stab von Schneiderinnen bis hin zu den Ankleidehilfen für jeden Auftritt. Sie ist jetzt sechzig. Was kommt noch? Erst mal Weihnachten, 2024 ist komplett dicht. Und dann bleibt sie mit ihrer Tochter viel länger als geplant zwischen uns FreundInnen. Das ist Salon! Gefeiert wurde bis nach Mitternacht.

 

Nächstes Jahr geht es weiter mit unserem IT’S A DIENSTAG. Am 9.1.2024 kommt Sassa aus München, die Frau hinter Taglia Scarpe zusammen mit Mia Jahn, der ersten Schuhdesignerin von Jil Sander. Anschließend Robert Eberhard von Felix Judd … Aber auch für Carmen und mich gelten: Erst einmal ist Weihnachten! Geöffnet ist die ganze Zeit außer an den Feiertagen, in Hamburg und auf Sylt.