Ein Mann, der neugierig macht, ruhig und sympathisch, wie er dasteht, gebildet, eloquent, Hemd, Pullover, Jacket, beige Hose, unter der Manschette lugt eine teure Armbanduhr hervor. Man könnte ihn gediegen elegant nennen. „Victor“, stellt er sich vor. Wer will auch: Victor von Schwerin. Und wenn wir es ganz richtig komplett machen: Victor Graf von Schwerin. Alter nicht recherchiert. Irgendwie unbestimmt in der Mitte des Lebens. Unser gestriger Talkgast. Worum es geht …
Nun, das ist nicht so einfach in wenigen Sätzen zusammenzubringen. Er hat eine Domäne gesichert: saysorry.de, und er hat Produkte geschaffen mit der Aufschrift “unperfekt” oder “NOT. YOUR. ERNST”, dass man das Leben tanzen muss oder für die Länge einer Kerze “OFFLINE” gehen. Hier möchte jemand kommunzieren über eine Innerlichkeit. Und die beginnt meist bei einem selbst.
Natürlich habe ich mich ein wenig schlau gemacht. Da gab es eine Krise in dem Leben des erfolgreichen Unternehmers mit diversen Agenturen, verheiratet, zwei Kinder. Erst möchte er nicht davon reden und dann wird es doch ausführlich. Ein Schock, unschuldig schuldhaft zu sein. Von da ab an drehte sich das Leben anders.
So wie ihm, ist es vielen ergangen. Beuys spricht von der Metamorphose, sich selbst zerlegen und wieder neu zusammenbauen. Nur wie? “Burning Bridges” erzählt mein Gesprächsgast. Nach hinten hin alles abbrennen, damit der Weg nach vorne kompromisslos wird. Ich kenne das gut und erinnere mich an Cousinchens Worte am Anfang von Corona: „Wie radikal kannst Du sein?“ – Was muss gehen, was darf bleiben?
Die Familie hielt zusammen, von der Werbeagentur trennte er sich. “Saysorry” wurde sein Stichwort. Wir diskutieren, jeder hat eine andere Vorstellung von dem Begriff: Entschuldigung, Bitte um Vergebung … Die Dimensionen dahinter sind riesig, christlich, religiös, gehen über unser begrenztes Ich hinaus.
Dazu gesellt sich seine Lebenshaltung von “unperfekt”. Nicht alles können, nicht jederzeit liefern. Aber entschuldigt sich der/die Unperfekte für das So-sein? Sind es nicht eher die vermeidlich Perfekten, die stets die eigene Unzulänglichkeit und das Unvermögen beklagen? Wir lösen es nicht auf, aber (!) wir sind im Gespräch und darauf kommt es an.
Es ist ein Weg, soviel steht fest, mit Ecken, Kanten und Unschärfen. Unser Streben nach Glücklichsein. Es hat etwas Fesselndes und Anrührendes in dieser Offenheit. Und wer maßt sich schon an, alles zu wissen. Ich liebe den eingeworfenen Vorschlag von “mit sich gnädig” sein.
Wiedereinmal hat der Dienstag Salon mit den klugen Frauen, einem Gast die Plattform geben, sich zu probieren, mit dem was er weiß, und denkt und will. Say Victor. Wäre auch eine spannende Domäne!
Bin gespannt, wohin es noch führt. Wir haben Pläne! PS: Heute geht der Newsletter doppelt raus, da die erste Variante beschädigt war. Sorry! Unperfekt. Passt zum Thema.
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